Viel Lärm um nichts: Bundestag schafft rückwirkende Ermächtigungsgrundlage für § 19 StromNEV-Umlagemechanismus

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mit Beschluss vom 12. April 2016 entschieden, dass der § 19 StromNEV-Umlagemechanismus nichtig ist. Inzwischen hat der Bundestag das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes“ (Strommarktgesetz) beschlossen, das auch eine rückwirkende Ermächtigungsgrundlage enthält.

Wozu eigentlich die § 19 StromNEV-Umlage?

Die §19 StromNEV-Umlage wird seit dem Jahr 2012 von den Netznutzern bzw. Letztverbrauchern erhoben und beläuft sich derzeit auf 0,378 ct/kWh für die erste Million Kilowattstunden und 0,05 ct/kWh (Letztverbrauchergruppe B) bzw. 0,025 ct/kWh (Letztverbrauchergruppe C) für alle weiteren Kilowattstunden Entwicklung der Strompreisbestandteile 2015/2016.

ISPEX §19StromNEV

Eingeführt wurde die Umlage, um einen bundesweiten Belastungsausgleich für die entgangenen Erlöse der Netzbetreiber aufgrund der Sonderregelungen zu individuellen Netzentgelten gem. § 19 Abs. 2 StromNEV zu schaffen.

BGH-Entscheidung im April 2016: §19 StromNEV-Umlagemechanismus nichtig

Dieser Umlagemechanismus wurde vom BGH im April für unwirksam erklärt, da es keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) gebe. Die grundlegenden Ansprüche auf Gewährung individueller Netzentgelte gemäß §19 StromNEV sind davon aber nicht betroffen.

>> Beschluss des BGH (EnVR 25/13)

Überwiegend wurde nach der BGH-Entscheidung davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber kurzfristig eine neue gesetzliche Regelung schaffen wird, die auch rückwirkend greift und somit eine Rückabwicklung der §19 StromNEV-Umlage vermeidet und den Umlagemechanismus auch für die Zukunft fortführt.

Juni 2016: Bundestag schafft rückwirkende Ermächtigungsgrundlage

Wie von Branchenkennern erwartet, ergänzte der Gesetzgeber den vom BGH bemängelten Gesetzestext um die notwendige Ermächtigungsgrundlage. Die Änderung tritt rückwirkend zum 01.01.2012 in Kraft. Dazu wurde die Beschlussempfehlung zur Sitzung am 23.06.2016 entsprechend angepasst:
§ 24 Satz 1 Nummer 3 EnWG ermächtigt den Verordnungsgeber bereits zu regeln, in welchen Sonderfällen und unter welchen Voraussetzungen die Regulierungsbehörde im Einzelfall individuelle Entgelte für den Netzzugang genehmigen oder untersagen kann.
Die Ergänzung des § 24 Satz 1 Nummer 3 und der neu eingefügte § 24 Satz 2 Nummer 5 EnWG bilden die Grundlagen eines Aufschlages auf die Netzentgelte ab, der auf einem Ausgleich entgangener Erlöse der Verteilernetzbetreiber aufgrund individueller Netzentgelte beruht. Die Regelungen stellen die gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung klar.

>> Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss), Drucksache 18/8915 vom 22.06.2016

Stromkunden zahlten § 19-Umlage zwischenzeitlich unter Vorbehalt einer Rückabwicklung

Nach Veröffentlichung der BGH-Entscheidung zur Nichtigkeit des § 19 StromNEV-Umlagemechanismus bestand die Möglichkeit, die Zahlung der §19 StromNEV-Umlage unter den Vorbehalt einer Rückforderung zu stellen. Einige Netzbetreiber gingen aktiv auf die Netznutzer zu und gaben eine Erklärung ab, dass die §19 StromNEV-Umlage nur vorbehaltlich einer späteren Rückabwicklung erhoben würde, so dass die Rechte der Netznutzer auch ohne eigene ausdrückliche Vorbehaltserklärung gewahrt seien.

Das Programm Rückabwicklung ist im Kontext der § 19 StromNEV-Umlage bereits erprobt. 2013 waren durch die „Verordnung zur Änderung von Verordnungen auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts“ die für die Umlage anzuwendenden Letztverbraucherbelastungsgrenzen angepasst worden – rückwirkend zum 01.01.2012. Die Rückabwicklung von § 19 Abs. 2 StromNEV für 2012 und 2013 wurde in den Jahren 2014 und 2015 umgesetzt.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Energieexperten im Team Energiemanagement jederzeit persönlich zur Verfügung.

 

Bild: Uwe Schlick / pixelio.de