Abrechnung der Mehrwertsteuer für Strom und Gas ab Juli 2020

Strom, Erdgas, Gas, MwSt, USt, Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer, Senkung

Die befristete Mehrwertsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 auf 16 Prozent stellt die Strom- und Gaslieferanten vor die Aufgabe, die Mehrwertsteuersätze richtig zuzuordnen und korrekt abzurechnen. Für Kunden ist es wichtig, die Regelungen zu kennen, um die Rechnungen auf Richtigkeit prüfen zu können.

Abschluss der Leistungserbringung entscheidend

Als Konjunkturhilfe hat der Bundestag eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer beschlossen. Vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 gilt statt 19 Prozent ein Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent.

Welche Höhe zur Anwendung kommt, ist davon abhängig, wann die Lieferung abgeschlossen ist. Der Mehrwertsteuersatz, der am Tag des Abschlusses der Leistung gilt, wird auf den abgerechneten Leistungszeitraum angewandt. Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sowie wechselnde Mehrwertsteuersätze während des Abrechnungszeitraums sind nicht relevant.

Abrechnung bei RLM-Strom- oder Gaslieferung

Das führt bei RLM-Strombezug dazu, dass monatsscharf mit einem bestimmten Satz abgerechnet werden kann. So gilt für eine im Juli gestellte Rechnung für eine Stromlieferung im Juni 2020 noch der bisherige Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Die Rechnung für die Belieferung im Juli 2020 ist aber mit dem reduzierten Satz von 16 Prozent zu erstellen.

Eine Problemstellung ergibt sich bei der Abrechnung von RLM-Lieferstellen Gas an den „Nahtstellen“ der unterschiedlichen Sätze. Es liegen separat abzurechnende monatliche Teillieferungen vor, die mit dem jeweils zum Abschluss der Leistungen gültigen Mehrwertsteuersatz gerechnet werden. Der Gastag endet jedoch per Definition am Folgetag um 6:00 Uhr. Durch den Überhang des Gasmonats Juni in den Zeitmonat Juli gilt bereits der niedrigere Mehrwertsteuersatz. Entsprechend ist auf die Liefermenge des Gasmonats Dezember wieder die bisherige Umsatzsteuerhöhe fällig. Für den Fall, dass eine Turnusabrechnung Bestandteil des Vertrages ist, wird der Mehrwertsteuersatz am Zeittag des Abschlusses der Belieferung herangezogen.

Mehrwertsteueranrechnung bei SLP-Lieferstellen

Bei der Belieferung an einer SLP-Lieferstelle gilt die Regelung mit dem Mehrwertsteuersatz am Endtag der Lieferung analog. Hierbei werden lediglich die im Vertrag vereinbarten – zumeist jährlichen – Abrechnungszeiträume zugrunde gelegt. Die Belieferung beginnt z.B. am 15.12.2019 und wird bis zum 14.12.2020 abgerechnet. Dann gilt für den gesamten abgelesenen Zeitraum der verringerte Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent. Anders bei einem Lieferbeginn am 15.7.2020 und einer Abrechnung zum 14.7.2021. Hier ist für die gesamte Zeit der höhere Mehrwertsteuersatz festgesetzt, obwohl ein Teil der Energie während der Zeit der geringeren Mehrwertsteuer geliefert wurde.

Das Bundesfinanzministerium hat ausdrücklich eingeräumt, dass der Lieferant separat abrechnen kann. Beispielsweise begann die Lieferung am 01.02.2020 und sollte regulär zum 31.01.2021 abgeschlossen worden sein. Dann könnte der Verbrauch zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 mit dem verminderten Mehrwertsteuersatz eigens in Rechnung gestellt werden. Der Kunde würde drei separate Abrechnungszeiträume bezahlen: Von Februar bis einschließlich Juni den vollen Mehrwertsteuersatz, dann von Juli bis zum Ende des Jahres den verringerten und im Januar 2021 wieder den vollen Mehrwertsteuersatz.

Bei einer SLP-Erdgaslieferung tritt das oben beschriebene Abgrenzungsproblem zwischen Gas- und Zeittag nur dann auf, wenn das Ende des Lieferzeitraums zufällig genau auf Übergangstage der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze fällt.

Bei den monatlichen Abschlagszahlungen werden die wenigsten Lieferanten die Beträge wegen eines halben Jahres anpassen und in der Regel im Rahmen des Jahresabrechnung den Ausgleich vornehmen. Bereits laufende Abschläge dürfen weiter mit dem höheren Mehrwertsteuersatz erhoben werden. Bei neuen Vertragsabschlüssen in der Zeit der abgesenkten Umsatzsteuer ist der verminderte Satz anzulegen. Wichtig ist, dass die Sätze korrekt in der Schlussrechnung ausgewiesen werden. Die vorläufigen Einsparungen durch eine temporäre Anpassung für die einzelnen Haushaltskunden oder kleine Gewerbekunden wären ohnehin marginal.

Aufwand für die Umstellung immens

Angesichts der sehr kurzfristig beschlossenen Maßnahmen muss die Energiewirtschaft ihre Abrechnungsprozesse in kürzester Zeit umstellen und wird dies zum Jahreswechsel erneut tun müssen.

Es ist daher damit zu rechnen, dass die Fehlerhäufigkeit bei Energieabrechnungen für das Jahr 2020 zunimmt. ISPEX unterstützt Unternehmen durch eine systematische Überprüfung der Abrechnungen dabei, Ungenauigkeiten aufzuspüren und Ansprüche gegenüber Lieferanten geltend zu machen. Die Übersicht über Leistungen im Bereich Energie-Controlling und Rechnungsprüfung finden Sie hier.

Ihr Ansprechpartner

Marco Böttger

Marco Böttger

0921 - 150 911 110 0921 - 150 911 115