Bandlastprivileg: Diskussionspapier der BNetzA zeigt Optionen auf
Von ISPEX am 7. Okt 2025
Die BNetzA hat ein Diskussionspapier zu den angedachten Nachfolgeregelungen bei den individuellen Netzentgelten der stromintensiven Netznutzung vorgestellt. Für Unternehmen mit dem bisherigen Bandlastprivileg stehen die Zeichen auf Lastflexibilisierung.
Die Große Beschlusskammer Energie der Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 24. September 2025 ein „Diskussionspapier Entgelte für Industrie und Gewerbe“ vorgelegt. Es ist Teil des AgNes-Verfahrens und dient als Grundlage für die weitere Konsultation.
Das Papier ordnet die Ergebnisse des bisherigen Konsultationsprozesses und stellt drei Optionen zur Diskussion. Ziel ist, die bisherigen individuellen Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV bei stromintensiver Netznutzung (Bandlastprivileg) zu einer Neuregelung zu führen.
Die Behörde sieht die bisherige Bandlastregelung als nicht mehr zeitgemäß und betont, dass ein künftiger Ansatz Flexibilität anreizen müsse und am europäischen Rechtsrahmen ausgerichtet sein solle.
Auch weiterhin nur stromintensive Unternehmen
Die derzeitige Bandlastregelung adressierte große, stromintensive Letztverbraucher mit 10 GWh oder mehr Jahresverbrauch je Abnahmestelle. Aktuell bestehen rund 560 Vereinbarungen mit einem Entlastungsvolumen von 1,42 Mrd. € bei Netzentgelten. Perspektivisch wird ein Mindestverbrauch als „Eintrittskarte“ für die Nachfolgeregelung erwogen, ggf. mit einer höheren Schwelle als 10 GWh. Grundlegend stellt die BNetzA fest: „Bandlastverhalten kann künftig nicht mehr Voraussetzung für einen Rabatt sein“. Der Anreiz solle zukünftig in „zumutbaren Abweichungen“ vom Standardlastgang liegen.
Der Bundesnetzagentur ist bewusst, dass produktionsbedingt, respektive technisch, für die betroffenen Unternehmen keine hohe Flexibilisierung der Last möglich ist. Die hohen Netzlasten der Unternehmen würden jedoch auch bei einer geringen Lastverschiebung Effekte zeigen.
Die drei diskutierten Optionen
Option A: Spotmarktorientierte Flexibilitätsanreize
Ziel ist eine markt- und systemdienliche Nutzung von Flexibilität durch Reaktion auf Preisphasen (Hochpreisphasen/Preissenken). Denkbar sind Preisreaktionszeiträume bzw. ein „Korrelationskoeffizient“ zwischen Preis- und Lastverlauf als Nachweis. Als Größenordnung nennt die BNetzA „Lastabweichungen im Bereich von 3 % bis 5 %“ (tagesbezogen). Zudem sollen Toleranztage, z.B. für Revisionen, Betriebsferien oder Dunkelflauten vorgesehen werden. Erforderlich wäre sowohl in der Variante Korrelationskoeffizient wie auch in der Variante Tagesziele ein „Übereinanderlegen“ von Preis- und Lastentwicklung. Laut Papier könnten entsprechende Prüftools mit vergleichsweise geringem einmaligem Aufwand entwickelt werden.
Zur Umsetzbarkeit betont die BNetzA, dass Reaktionen auf Day-Ahead oder auf Prognosen mit ca. 3-Tage-Vorlauf realistisch planbar seien. Die Intraday-Reaktionen würden oft noch als technisch herausfordernd gelten. Netzseitige Zielkonflikte will man über ein Vetorecht des Netzbetreibers adressieren, wenn Preisreaktionen lokal netzschädlich wären.
Option B: Netzdienliche Flexibilisierung (Lastzeitfenster)
Hier definieren Netzbetreiber Lastzeitfenster (Niedrig-/Hochlast), innerhalb derer Abweichungen vom Referenzlastgang erbracht werden. Vorbild ist das Verfahren der „atypischen Netznutzung“. Im Unterschied dazu wären kurze Vorläufe (Tage) und verbindliche Verhaltensanforderungen vorgesehen. Als Referenz kommen etwa Durchschnittslasten des Vorjahres in Betracht. Diskutiert wird ein stufenloses „Flexibilisierungsband“ mit steigenden Anforderungen über die Jahre, das Entgeltreduktionen bis 90 % nur bei entsprechend höherer Flexibilität vorsieht.
Die Behörde bewertet den administrativen Aufwand als beherrschbar. Die Netzbetreiber prüfen die Voraussetzungen anhand der Lastgänge wie bisher. Die jährliche Berichtspflicht gegenüber der BNetzA wäre analog zum Status quo.
Option C: Netzdienliche Anforderungen durch Netzbetreiber (Steuerbarkeit)
Der Rabatt wäre an die Bereitschaft zur kurzfristigen Einschränkung/Erhöhung der Bezugsleistung in kritischen Netzsituationen gekoppelt. Netzbetreiber dürften für bestimmte Stunden maximale oder minimale Leistungswerte vorgeben. Der „Referenzwert“ orientiert sich typischerweise an der historischen Bandlast (z. B. Durchschnittsleistung des Vorjahres). Angedacht ist ein Planungshorizont von 24 bis 36 Stunden, mit definierten Grenzen für Häufigkeit und Dauer der Anforderungen. Die Teilnahme solle freiwillig sein. Die Angebote der Netzbetreiber sollen verpflichtend sein, zudem flankiert von standardisierten Vereinbarungen zur Vermeidung von Diskriminierung.
Der Aufwand auf Seiten der Unternehmen würde in der Abstimmung des Referenzwerts, der Einrichtung eines Kommunikationskanals, des Nachweises der Einhaltung anhand der Lastgänge und einem jährlichen Bericht an die BNetzA liegen. Eine Überschneidung mit SEAL (abschaltbare Lasten) sieht die BNetzA nicht unmittelbar, da SEAL auf Frequenzhaltung bzw. Lastreduktion in den Übertragungsnetzen zielt.
Verhältnis zur allgemeinen Netzentgeltsystematik
Die BNetzA hebt die Wechselwirkungen mit einer möglichen Dynamisierung der allgemeinen Netzentgelte hervor. Ein Nebeneinander wäre z. B. über ein „fiktives“ statisches Netzentgelt auf den Preisblättern denkbar – als Basis für Auf- oder Abschläge in dynamischen Entgelten und als Maßstab für den Sonderrabatt. Für industrielle Großverbraucher sieht die Behörde echte dynamische Entgelte gleichwohl als problematisch, u. a. wegen geringer Spielräume und technischer Herausforderungen.
Die BNetzA plant Übergangsfristen, damit Unternehmen Flexibilitätspotenziale erschließen können. § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV wird vor dem Außerkrafttreten der StromNEV zum 31.12.2028 nicht angepasst. Diskutiert wird, bestehende Vereinbarungen ggf. über 2028 hinaus wirksam zu halten, während das neue, flexibilitätsanreizende Sondernetzentgelt in einer Übergangsphase parallel starten könnte.
Die Konsultationsfrist für das Diskussionspapier läuft noch bis 21. Oktober 2025. ISPEX wird zum Fortgang des Verfahrens weiter berichten.
>> Diskussionspapier zu den Entgelten für Industrie und Gewerbe
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