DIN EN 16247-1: Aufwand professionell minimieren

Bis zum 05.12.2015 sind alle deutschen „Nicht-KMUs“ dazu aufgefordert, ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 durchzuführen oder mit der Umsetzung eines Energiemanagementsystems gemäß ISO 50001 zu beginnen. Insbesondere für Gesellschaften mit zahlreichen Standorten ist dies zum Teil mit erheblichem Aufwand verbunden. Das BAFA zeigt im „Merkblatt für Energieaudits“ jedoch verschiedene Optionen auf, den Aufwand zum Teil deutlich zu reduzieren.

Die im Folgenden vorgestellten vier Vereinfachungen sind ein möglicher Ansatz, die Anzahl der genau zu betrachtenden Standorte sinnvoll einzugrenzen und ist besonders für Unternehmen interessant, bei denen lediglich die normkonforme Durchführung der DIN EN 16247-1 im Vordergrund steht.

„Hoheitliche Aufgaben“ werden in der DIN EN 16247-1 nicht erfasst

Auch wenn im Unternehmensalltag die Durchführung von hoheitlichen Aufgaben eher die Ausnahme darstellt, möchten wir hier auf diese Möglichkeit hinweisen. Die Verpflichtung zur Durchführungen des Energieaudits nach DIN EN 16247-1 betrifft neben Unternehmen auch kommunale Gesellschaften oder caritative Einrichtungen, welche durchaus mit hoheitlichen Aufgaben betraut sein können. Dies beginnt bei der Wasserversorgung oder Abfallbeseitigung und endet bei der Kinderbetreuung im Rahmen des Betriebs von Kindertagesstätten.

Nach dem „Merkblatt für Energieaudits“ des BAFA reicht die Wahrnehmung „überwiegend“ hoheitlicher Aufgaben aus, um von der Durchführung des Audits ausgenommen zu werden. Das bedeutet: Selbst wenn unter anderem wirtschaftliche Tätigkeiten in derselben Einrichtung wahrgenommen werden, diese aber „derart eng verflochten (sind), dass eine Trennung nicht möglich ist, liegt eine Einrichtung mit überwiegend hoheitlichen Aufgaben vor“. Das gilt allerdings nur, „wenn die Ausübung öffentlicher Gewalt überwiegt“.

Sonderfälle der DIN EN 16247-1 bei Miet- und Pachtsituationen

Besonders interessant wird die Situation beispielsweise für Wohnungsbaugesellschaften. Bei Vermietung und Verpachtung wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass der Eigentümer der Immobilie keinen unmittelbaren Einfluss auf den Energieverbrauch des Gebäudes ausüben kann. Vielmehr muss sich der Mieter des Objektes hierfür verantwortlich zeigen, da er in diesem Moment durch sein Heizverhalten und die Nutzung von technischer Einrichtung den Energieverbrauch steuern kann. Selbiges gilt natürlich auch für Mitarbeiter, welche im Home-Office arbeiten. Deren private Wohnung, selbst wenn diese den dauerhaften Arbeitsplatz des Kollegen darstellt, kann aus der Betrachtung ausgeschlossen werden.

In angemieteten Objekten ist eine intensive Betrachtung des Standorts teilweise ebenfalls einfach normkonform zu untersuchen. Wurde für das entsprechende Gebäude ein bedarfsorientierter Energieausweis ausgestellt, der nicht älter als 10 Jahre ist, so kann dieser als Erfüllungsnachweis im Rahmen der DIN EN 16247-1 genutzt werden.

DIN EN 16247-1: Die „10-Prozent-Regel“ für den Feinschliff

Als universelle Möglichkeit, den Prozess der DIN EN 16247-1 zu vereinfachen, bleibt für alle Unternehmen in gleichem Maße die „10-Prozent-Regel“. Im Rahmen des Energieaudits nach DIN EN 16247-1 können beliebig und unbegründet 10 Prozent des Gesamtverbrauchs aus der detaillierten Betrachtung ausgenommen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um Prozesse, Standorte, Gebäudeteile etc. handelt.

Wer die „10-Prozent-Regel“ sinnvoll nutzen möchte, kommt jedoch nicht umhin, 100 Prozent seines Energieeinsatzes sowie seine Prozessstrukturen detailliert zu kennen.

Das Multi-Site-Verfahren zum Pauschalisieren im Rahmen der DIN EN 16247-1

Bei der Erfüllung des Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G) und damit der DIN EN 16247-1 kann auf das sogenannte Multi-Site-Verfahren zurückgegriffen werden. Insbesondere Filialisten profitieren potentiell dadurch, denn bei der Anwendung des Multi-Site-Verfahrens muss nur die aufgerundete Quadratwurzel der Standorte betrachtet werden.

Anwendbar ist das Verfahren immer dann, wenn gleichartige Prozesse und Tätigkeiten an mehreren Standorten vorhanden sind und mit ähnlichen Methoden und Verfahren durchgeführt werden. Können die Kriterien zur Nutzung des Multi-Site-Verfahrens plausibel begründet werden und ist dies entsprechend in den Auditunterlagen dokumentiert, so lässt sich auf diese Weise bei der Durchführung der DIN EN 16247-1 erheblich Aufwand vermeiden. Voraussetzung ist jedoch, dass die aus der Untersuchung der Standorte gewonnenen Erkenntnisse auch auf die nicht untersuchten Standorte übertragbar sind.

Strategisches Vorgehen bei der DIN EN 16247-1

Soll der Aufwand von Energieaudits professionell minimiert werden, ist das Strategische Vorgehen bei der Selektion der zu betrachtenden Standorte der wichtigste Arbeitsschritt. Zuerst gilt es, die „hoheitlichen Aufgabenbereiche“ zu erfassen und ggf. aus der Betrachtung sofort auszuschließen. Anschließend lassen sich die Miet- und Pachtverhältnisse genauer betrachten und entsprechend selektieren.

Für alle Standorte, die bisher nicht aus der Gesamtbetrachtung ausgeschlossen werden konnten, beginnt jetzt die Detailarbeit. Dabei sollte zu Beginn der Gesamtenergieverbrauch der verbliebenen Standorte ermittelt werden. Sobald man 100 Prozent des Verbrauchs kennt, lassen sich die einzelnen Prozesse und Standorte genauer und zielgerichteter analysieren. Gleichwertige Prozesse, Standorte und Tätigkeiten können über das Multi-Site-Verfahren zusammengeführt werden. Die DIN EN 16247-1 erlaubt, aus den verbliebenen Standorten und Prozessen zielgerichtet und vor allem beliebig 10 Prozent des Energieverbrauchs aus der Betrachtung auszuschließen.

Fazit

Durch geschicktes Taktieren und die Nutzung aller Vereinfachungen lassen sich deutliche Erleichterungen bei der Durchführung eines Energieaudits generieren. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, bereits vor Beginn des Projektes „DIN EN 16247-1“ das „Merkblatt für Energieaudits“ des BAFA intensiv zu studieren und Anwendungsmöglichkeiten für die darin aufgeführten Vereinfachungen im eigenen Unternehmen zu suchen. Gerne stehen wir Ihnen dabei zur Seite und bieten „Hilfe zur Selbsthilfe“. ISPEX unterstützt Sie punktuell an den Stellen, an denen Sie selbst nicht mehr weiter kommen und bietet individuell auf Ihre Bedürfnisse angepasste Lösungen.

 

  Merkblatt zur Energieauditpflicht für Unternehmen BAFA_Merkblatt_Energieaudits_EDL-G_2015-07-08.pdf (Dateigröße 344 KB)

Die wichtigsten Punkte hat das BAFA in den FAQ zum Thema Energieaudit zusammengefasst.

 

Foto: Anna-Lena Ramm  / pixelio.de