Ein guter Preis ist ein kalkulierbarer Preis

Das Interview ist in „Oberfränkische Wirtschaft“ (Juni 2023), dem Magazin der IHK für Oberfranken Bayreuth erschienen. Text mit freundlicher Genehmigung der IHK für Oberfranken Bayreuth.

Den Energieeinkauf aktiv gestalten: ISPEX-Geschäftsführerin Susan Thieme im Interview

Wie Unternehmen mit einer individuellen Einkaufsstrategie Chancen nutzen und den Energieeinkauf aktiv gestalten können, erklärte Susan Thieme, Einkaufsspezialistin und Geschäftsführerin der ISPEX Energie Service GmbH aus Bayreuth, beim 2. Oberfränkischen IHK-Energieforum.

Das Energieforum stand unter dem Titel „Der nächste Winter kommt bestimmt“ – heißt, mit den Preisbremsen für Strom und Gas sind mitnichten alle Sorgen verschwunden?
Unternehmen müssen jetzt die Weichen für ihre Wettbewerbsfähigkeit in den nächsten Jahren stellen. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Verbrauchs- und Kostenplanung. Mit der Strompreisbremse und Gaspreisbremse ist zumindest für 2023 ein Stück Planbarkeit zurückgekehrt. Unternehmen profitieren aber unterschiedlich stark. Die Bremswirkung gilt bei größeren Kunden nur für 70 Prozent des im Kalenderjahr 2021 gemessenen Verbrauchs. Also müssen Unternehmen sich fragen: Was habe ich seitdem unternommen, um beispielsweise über Eigenversorgungslösungen meinen Energiebezug zu verringern? Was habe ich investiert und wo die Energieeffizienz gesteigert, um heute weniger Energie als 2021 zu verbrauchen? Wer schon im vergangenen Jahr Projekte aktiv vorangetrieben oder umgesetzt hat, kommt dem vom Gesetzgeber formulierten Einsparanreiz näher.

Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die 2021 in Kurzarbeit waren oder pandemiebedingt zeitweise schließen mussten, also beispielsweise Betriebe aus der Hotellerie und Gastronomie…
In vielen Fällen ist dann die 70-Prozent-Marke kaum repräsentativ; Härtefallregelungen werden diskutiert, kommen aber erst spät im Jahr zur Umsetzung, wenn überhaupt. So oder so sollte die aktuelle Situation Ansporn sein, sich mit Investitionen in Energieeffizienz, Eigenversorgung und mehr Unabhängigkeit vom Netzbezug zu beschäftigen.

Zum richtigen Zeitpunkt und zu einem guten Preis Energie einkaufen – in der heutigen Zeit überhaupt noch realistisch?
Ein guter Preis ist ein planbarer und kalkulierbarer Preis! Die hohe Volatilität im Markt wird uns in den nächsten Jahren wahrscheinlich begleiten. Wir empfehlen daher, bewährte Strategien zu überdenken. Der Einkauf zum Festpreis über mehrere Jahre ist für die wenigsten in der aktuellen Marktentwicklung noch tragbar – das Preisrisiko ist enorm. Spot-Produkte hingegen bieten zwar Flexibilität, aber dafür kaum Planungssicherheit – die Abrechnung wird zur Überraschung. Viele Unternehmen haben den Trancheneinkauf für sich entdeckt, das Verteilen der prognostizierten Jahresmenge auf verschiedene unterjährige Einkaufszeitpunkte. Entscheidend sind dabei eine aufmerksame Beobachtung des Marktes und konkrete Kriterien für einen „guten“ Einkaufszeitpunkt. Was lange Zeit als Produkt nur für die energieintensive Industrie und Großkunden galt, lanciert zum neuen Standard. Die zentrale Frage dabei: Wie viel Planungssicherheit brauche ich für meine Produktkalkulation bzw. wie viel Risiko kann ich mir im Wettbewerb leisten?

„Weg vom Energie einkaufen, hin zum Energie managen!"

Wie sollten Unternehmen darüber hinaus an den Energieeinkauf herangehen?
Weg vom Energie einkaufen, hin zum Energie managen: Verschiedene Bezugsszenarien durchdenken, mit Energieeffizienz- und Einsparmaßnahmen den Verbrauch senken und gleichzeitig durch Eigenversorgung und PPAs – wobei diese nicht für jeden Kunden geeignet sind – autarker werden. Das sind Schritte hin zu einer langfristigen und nachhaltigen Planung.

Stichwort PPA, also Power Purchase Agreement: Warum sind diese keine Lösung für jedes Unternehmen?
Ein PPA ist eine Stromkaufvereinbarung, die über eine definierte Zeit direkt zwischen einem Anlagenbetreiber (Erzeuger) und einem Unternehmen (Abnehmer) geschlossen wird. Anlagenbetreiber sichern damit den Anlagenbetrieb bei Neubau oder den Weiterbetrieb nach Ablauf der EEG-Förderung ab, Abnehmer fixieren über einen längeren Zeitraum den Einkaufspreis und beziehen nachhaltige Energie. So weit, so gut. Aber: Bei PPAs müssen Sie bereit sein, sich langfristig zu binden. PPAs sind kein „schnelles Schnäppchen“, sondern eine Investition in planbare und nachhaltige Stromversorgung in der Zukunft.

Von welchem Zeitraum sprechen wir?
Drei bis fünf Jahre gelten als Minimum für die Kontrahierung von Ü20-Anlagen, zehn Jahre als mittlere Frist. Die Vertragsgestaltung ist komplex und muss neben der Preisfestsetzung v.a. die verschiedenen Marktrollen und Ausfallrisiken klären. Einmal vereinbart, müssen Sie die erzeugten Mengen aus der Anlage jederzeit und vollständig abnehmen. Da Verbrauchs- und Erzeugungsprofil nie deckungsgleich sind, müssen überproduzierte Mengen weiterverkauft und fehlende Mengen ad hoc am Markt zugekauft werden. Diese Komplexität stellt nicht nur Abnehmer, sondern auch viele Lieferanten vor ganz neue Herausforderungen. PPAs sind daher nur im Zusammenspiel mit einem leistungsfähigen und zuverlässigen Lieferanten zu denken, der die Abwicklung samt Risikomanagement ganzheitlich übernimmt.

 
Sind die Märkte wieder stabil oder doch nicht? Wie umgehen mit der Unsicherheit?

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Susan Thieme

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