Energiemarkt-Kommentar: Milde Temperaturen sorgen für etwas Entspannung

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Vor den Weihnachtsfeiertagen ließen die Wetteraussichten noch einen außerordentlich kalten Januar befürchten – die Kurse sprangen auf neue Allzeitrekorde. Doch mildes Wetter zum Jahreswechsel und neue Vorhersagen, die überdurchschnittliche Temperaturen für den Januar erwarten lassen, leiten eine Trendwende ein. Zudem ziehen die EU-Importe von Flüssigerdgas stark an und bieten einen gewissen Ausgleich für fehlende Liefermengen aus Russland. Damit hat sich die Lage an den Energiemärkten vorerst etwas entspannt. Für eine Entwarnung ist es angesichts der kritischen Gasspeicherstände allerdings noch zu früh.

Strombörse: Base 2022 mit Plus von 54 % im Monatsverlauf Dezember

Preisentwicklung Strom Phelix Base und Peak für die Jahre 2022 und 2023 (Quelle: EEX)

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Der Dezember beginnt mit Base-Kursen von 142,63 €/MWh für das Jahr 2022 und 100,49 €/MWh für das Jahr 2023. In der ersten Woche des Monats verlaufen die Notierungen zunächst seitwärts. Am 8. Dezember steigt Base 2022 auf ein neues Allzeithoch von 190,45 €/MWh und Base 2023 beschließt den Tag mit 123,56 €/MWh. Auslöser für den Kurssprung sind ein Produktionsausfall am Gasfeld Troll in der norwegischen Nordsee sowie die Warnung des französischen Übertragungsnetzbetreibers RTE vor knapper AKW-Kapazität in den Wintermonaten. Darüber hinaus kommunizieren die Wetterdienste bereits eine hohe Wahrscheinlichkeit für eher kaltes Wetter im Januar.

Zur Monatsmitte eskaliert die Lage weiter, als aus Frankreich die Nachricht eintrifft, dass 6 GW an AKW-Leistung kurzfristig aus Sicherheitsgründen vom Netz genommen werden müssen. Dabei handelt es sich um vergleichsweise junge Kraftwerke aus den 1990er Jahren, deren Leistung rund 10 % der gesamten französischen Kernkraftkapazität entspricht. In der Folge steigt am 16. Dezember Base 2022 auf 245,07 €/MWh und Base 2023 auf 124,50 €/MWh.

An den folgenden Tagen verlaufen die Notierungen zunächst stabil. Doch der nächste Schock folgt kurz vor den Feiertagen. Am Morgen des 21. Dezember fallen die Gasflüsse ex Russland via Polen nach Deutschland auf null. Zugleich zeigt sich, dass Frankreich auf ungewöhnlich hohe Stromimportmengen angewiesen ist. Innerhalb eines Tages verteuert sich das Strom-Frontjahr um rund 25 % auf 315,00 €/MWh. Auch Base 2023 legt kräftig zu auf 144,60 €/MWh. Am 22. Dezember steigt Base 2022 weiter und stellt den neuen Rekordstand für ein Frontjahr von 324,60 €/MWh auf.

Zu Beginn der Festtage kommt es am 23. und 24. Dezember zu Kurseinbrüchen, nachdem die Wetterprognosen nun sehr mildes Wetter für die kommende Woche signalisieren und aus den USA eine ganze Flotte von LNG-Tankern Richtung Europa aufbricht. Die Kurse fallen bis zum letzten Handelstag des Jahres auf 219,88 €/MWh (Base 2022) und 125,14 €/MWh (Base 2023).

Im Mittel kostet Base 2022 im Dezember 215,66 €/MWh, ein Plus von rund 74 % gegenüber dem Vormonat. Base 2023 legt um 34,5 % zu. Die Notierung für das Jahr 2024 kostet 18 % mehr.

Gasbörse: THE 2022 legt 59 % im Monatsverlauf Dezember zu

Preisentwicklung Erdgas THE (NCG bis 30.09.21) für das Jahr 2022/2023 (Quelle: EEX)

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Am Gasmarkt notiert THE 2022 zu Monatsbeginn bei 57,15 €/MWh und THE 2023 bei 34,90 €/MWh. Der Produktionsausfall am norwegischen Gasfeld Troll am 8. Dezember sorgt maßgeblich für einen Anstieg von THE 2022 bis auf 74,33 €/MWh – THE 2023 klettert bis auf 41,90 €/MWh. Die Meldung vom Ausfall französischer AKW am 16. Dezember geht mit Kursen von 92,31 €/MWh bzw. 45,01 €/MWh einher. Die Maximalwerte werden am 22. Dezember mit 140,67 €/MWh sowie 60,49 €/MWh erreicht. Die THE-Kurse beenden das Jahr mit 90,59 €/MWh für das Frontjahr und 49,93 €/MWh für das Jahr 2023.

Im Vergleich zum November steigt THE 2022 im Mittel um 69 %. THE 2023 legt im Durchschnitt um 39 % gegenüber dem Vormonat zu.

Ausblick: Die entscheidenden Wochen liegen vor uns

Das neue Jahr beginnt am Strommarkt mit einem deutlichen Kursanstieg: Base 2023 steigt am 4. Januar auf 139,88 €/MWh. An den folgenden Handelstagen zeigt sich jedoch eine fallende Tendenz. Aktuell notiert das Frontjahr unterhalb von 120 €/MWh. Trotz weiterhin geringer Gasliefermengen aus Russland gibt zuletzt auch der Gaskurs THE 2023 nach und fällt unter die Marke von 45 €/MWh.

Gasspeicherstand Deutschland im Jahresverlauf (Quelle: GIE)

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Entscheidend für die Entwicklung der Gas- und Strompreise in diesem Jahr wird das Niveau der Gasvorräte zum Ende des Winters sein. Dank der für die Jahreszeit milden Temperaturen haben diese zuletzt weniger schnell abgenommen als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Erscheint zum Ende des Winters allerdings eine vollumfängliche Befüllung der Gasspeicher bis zu Beginn der nächsten Heizperiode als wenig wahrscheinlich, werden die Kurse im weiteren Jahresverlauf eher noch zulegen. Mit fallenden Kursen ist zu rechnen, sollte der Winter weiterhin mild ausfallen. Im Laufe des Februars könnten allmählich Risiken stärker ausgepreist werden, sofern zu dieser Zeit für den März keine Kältewelle erwartet wird.

An den Energiemärkten kann die Lage nichtsdestotrotz eskalieren, falls Russland eine Militäroffensive in der Ostukraine beginnt. Sanktionen des Westens könnte der Kreml mit einem vorübergehenden Stopp der Gaslieferungen beantworten.

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Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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