Energiemarkt-Kommentar: Ukraine-Transit, letzter Akt

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Mildes Wetter, fortgesetzte Gaslieferungen ex Russland über die Ukraine sowie ein neues LNG-Terminal lassen die Kurse in der ersten Dezemberhälfte kräftig fallen. Doch zum Monatsende steht der Strompreis für das Lieferjahr 2026 wieder auf dem gleich hohen Niveau wie zuvor. Und der Jahresauftakt hält weitere Kurssteigerungen bereit.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

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Entwicklung der Stromkurse für die kommenden Jahre
(Stand: 13.01.2025, Quelle: EEX, ISPEX Kompass)

Der Stromkurs DE Base für das Lieferjahr 2026 startet mit 88,62 €/MWh in den Dezember. Für dieses Preisniveau nahe der Marke von 90 €/MWh hatten neue Sanktionen der USA gegen den russischen Energiekonzern Gazprom gesorgt. Denn erstmals hindern die Vereinigten Staaten die verbliebenen Importeure in Europa daran, Zahlungen an die Gazprombank zu leisten. Doch der Kreml schafft zügig Abhilfe und gibt am 05. Dezember bekannt, dass die Kundschaft ihren Verbindlichkeiten jetzt indirekt über eine dritte Bank nachkommen kann. Der ein oder andere Händler hofft zu diesem Zeitpunkt noch, dass sich auch für die Lieferung von Erdgas durch die Ukraine schon noch eine dritte Partei finden werde, die ab Januar den Gastransit durchführen wird. DE Base 2026 fällt zunächst bis auf 85,48 €/MWh am 09. Dezember. Der entsprechende Gaskurs steht bei rund 37 €/MWh.

Auf alt folgt neu

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Entwicklung Erdgas-Terminkurse und -Spotmarkt
(Stand: 13.01.2025, Quelle: EEX, ISPEX Kompass)

Früher oder später wird das Gasgeschäft der EU mit Russland aller Voraussicht nach enden. Ab 2027 sollen keine russischen Gasmengen mehr in das Gasnetz der EU gelangen – einschließlich LNG. Die USA unternehmen im Dezember einen weiteren Schritt, um Russland als Lieferanten weitgehend abzulösen. Am 12. Dezember teilt das Unternehmen Venture Global mit, dass sein neues LNG-Terminal Plaquemines am Golf von Mexiko noch in der KW50 erstes LNG produzieren wird. DE Base 2026 fällt in der Folge bis auf den Monatstiefpunkt von 81,00 €/MWh am 18. Dezember. THE 2026 erreicht diesen bereits zwei Tage zuvor mit 35,70 €/MWh. Pünktlich an Weihnachten wird bekannt, wohin der erste Tanker mit LNG aus der neuen Anlage reisen soll: nach Deutschland.

Ein letztes slowakisches Aufbäumen

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EU-Gasimport am Grenzübergang Velke Kapusany (Slowakei) ex Ukraine
(Quelle: ISPEX Kompass)

Die Stimmungswende an den Energiemärkten folgt, wie so oft, auf dem Fuße. Am 19. Dezember deutet der russische Staatschef Putin bei seiner jährlichen Presseansprache ein wahrscheinliches Ende der Gaslieferungen über die Ukraine an. Was an sich keine Neuigkeit darstellt, da der Vertrag zwischen Russland und der Ukraine zum Jahresende ausläuft. Doch wird diese wenig konkrete Aussage an den Märkten bereits als Fingerzeig verstanden, dass auch eine Lösung über eine dritte Partei, zum Beispiel Aserbaidschan, kaum Aussicht auf Erfolg hat. Der slowakische Regierungschef Fico versucht es am 27. Dezember kurz vor Schluss noch mit Erpressung: Wenn die Ukraine den Transit für russisches Gas einstellt, dann werde sein Land keinen Strom mehr an die Ukraine liefern. Den Drohungen zum Trotz versiegen die Gasflüsse zum 01. Januar. Obendrein drehen die mittelfristigen Temperaturprognosen bereits kurz vor Weihnachten von mild zu kalt. Und so geht es kräftig aufwärts für Strom und Gas: DE Base 2026 beendet das Jahr mit 88,81 €/MWh und THE 2026 mit 40,32 €/MWh.

Kurz vor Trump 2.0

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Monatliche LNG-Importe der EU: Russland vs. USA
(Daten: Bruegel)

Das neue Jahr beginnt wie das alte Jahr endete: mit neuen US-Sanktionen gegen russische Energieausfuhren. Am 10. Januar trifft es erstmals auch bestehende LNG-Terminals in Russland, die u.a. die EU beliefern. DE Base 2026 steigt zuletzt bis auf rund 94 €/MWh und THE 2026 bis auf 41,66 €/MWh. Allerdings handelt es sich bei den Anlagen Portovaya und Vysostk nahe Sankt Petersburg um recht kleine Terminals mit einer Kapazität von 1,5 Mio., respektive 0,9 Mio. t/a. Entscheidend für die Versorgung der EU ist vielmehr Yamal LNG mit einer Kapazität von 16,5 Mio. t/a. An diesem Projekt ist auch der französische Energiekonzern TotalEnergies beteiligt.

Unklar bleibt bis zuletzt, ob die neue US-Regierung eher dazu geneigt sein wird, Sanktionen gegen Russland perspektivisch zu erlassen oder die eigene Wirtschaft von hohen Gaspreisen profitieren zu lassen. So bleibt mit der bevorstehenden Amtsübernahme des neuen und alten US-Präsidenten Trump wohl nur sicher, dass geglaubte Sicherheiten keine mehr sind und die kommenden vier Jahre auch an den Energiemärkten reichlich Potenzial für Überraschungen bieten.

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Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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