Energiemarkt-Kommentar: Einkaufspreise für Strom und Gas derzeit stabil

Nach dem drastischen Preisrutsch bei den Energiepreisen im Januar stabilisierten sich diese vor allem in der zweiten Februarhälfte an den Großmärkten und mündeten in eine Aufwärtstendenz. Angesichts der globalen Situation des Energiemarkts erscheint ein anhaltender Trend zu steigenden Strompreisen und Gaspreisen allerdings fraglich. Unternehmen konnten die zu Jahresbeginn gefallenen Preise im Februar nutzen und erzielten Einkaufspreise knapp unter dem Januarniveau. Der durchschnittliche Einkaufspreis für Strom lag im Februar bei 2,56 ct/kWh, der durchschnittliche Gaspreis bei 1,54 ct/kWh.

ISPEX-Energiepreisindex: Strompreis nochmals leicht gesunken

Der in der ersten Monatshälfte zunächst noch anhaltende Preisrutsch ermöglichte Unternehmen im Februar den Einkauf von Strom nochmals etwas günstiger als im Januar. Mittlerweile kam der von ISPEX mittels elektronischer Auktionen und Online-Ausschreibungen ermittelte durchschnittliche Strompreis bei den von Unternehmen abgeschlossenen Lieferverträgen bei 2,56 ct/kWh bei der Vollversorgung an.

ISPEX_Energiepreisindex-Strom_Februar-2016

Im Januar lag dieser Wert noch bei 2,68 ct/kWh (Marktkommentar 2016-02). Dieses attraktive Preisniveau nutzen derzeit auffallend viele Unternehmen, um sich mit Lieferverträgen einzudecken und die niedrigen Preise zu sichern. Hier ist die Versuchung groß, sich dem Gedanken hinzugeben, der Preis könne nicht mehr essentiell fallen und sich deshalb langfristig mit mehrjährigen Verträgen einzudecken. Dieses Vorgehen mag für Unternehmen, die langfristige Budgetsicherheit benötigen, die richtige Strategie sein. Bei etwas mehr Flexibilität sollten bereits Unternehmen ab 5 GWh Jahresverbrauch dringend eine gestaffelte Beschaffungsstrategie mit mehreren Einkaufszeitpunkten wählen. Im Rückblick auf die vergangenen Monate zeigt sich deutlich, dass dadurch Nutzen aus den stetig fallenden Preisen gezogen werden kann (Mehr zum Thema Energiebeschaffung). Der Aufwand für die Bewirtschaftung derartiger flexibler Beschaffungsmodelle stellt heute dank moderner Online-Tools bei weitem nicht mehr den Aufwand dar wie noch vor einigen Jahren. Als Ergänzung für die Online-Plattform zum Energieeinkauf stellte ISPEX erst jüngst ein neuartiges Bewirtschaftungstool für flexible Energielieferverträge mit integrierter Preisüberwachung vor.

Öl und Kohle sorgen für Erholung

Die Phase der Stabilisierung der Futures für das Frontjahr Ende Januar währte nur kurz. In den ersten Februartagen gaben die Börsenpreise für zukünftige Stromlieferungen noch einmal nach. Allerdings ist seither eine Aufwärtstendenz bei den Strompreisen zu beobachten, die inzwischen seit drei Wochen anhält – eine angesichts der Entwicklungen der letzten Monate vergleichsweise lange Zeit.

Entwicklung der Großhandelspreise für Strom
ISPEX_Preischart-Strom_03-2016

Wieder, oder besser weiterhin, sind es auch derzeit die Notierungen für Rohöl und Kohle, die die Strompreise an den Börsen deutlich beeinflussen. Die Preise für beide Rohstoffe stiegen in den vergangenen Wochen wieder etwas an und gaben die Richtung an den Energiemärkten vor. Gerade der Rohölpreis wird viel diskutiert und einige Stimmen wollen bereits ein Ende des billigen Rohöls erkennen. Allerdings ist nach wie vor festzustellen, dass die Ölpreisentwicklung insbesondere von politischen Entscheidungen abhängt. Dass es hier sehr schnell zu Veränderungen kommen kann, hat die jüngste Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen. Zudem ist der Einfluss des Rohöls nur ein sehr abgeleiteter. Der Rohölpreis beeinflusst zwar traditionell das gesamte Preisniveau an den Energiemärkten vor allem im kurzfristigen Handel. Die kurzfristigen Lieferprodukte sind dann im Zuge einer allgemeinen Aufwärtsstimmung meist auch dafür verantwortlich, dass sich der Terminmarkt etwas fester präsentiert.

Gerade in Deutschland ist es – anders als zum Beispiel in England – eher der Preis für Kohle, der den Strompreis im Großhandel beeinflusst. Noch immer spielt die Kohleverstromung eine wesentlich wichtigere Rolle als die Stromerzeugung in Gaskraftwerken. Letztere sind beim derzeitigen Preisniveau nicht rentabel zu betreiben. International hat sich Kohle etwas erholt, was nicht zuletzt auch an den gestiegenen Frachtkosten liegt, die auf den höheren Ölpreis zurückzuführen sind. Dennoch bleibt die weltweite Nachfrage weiter hinter dem Angebot zurück. Insbesondere die chinesische Nachfrage sinkt weiterhin und trägt damit eher zu einem Preisverfall als zu einem Preisanstieg bei. Langfristig sind deshalb keine Anzeichen für einen anhaltenden Anstieg der Stromnotierungen zu erkennen.

ISPEX-Energiepreisindex: Gaspreise für Unternehmenskunden nahezu unverändert

Die seit Mitte Januar zu beobachtende Stabilisierung des Gaspreises sorgte auch für stabil bleibende Einkaufspreise beim Gas für Unternehmenskunden. Der von ISPEX bei der Beschaffung über Ausschreibungen und Online-Auktionen ermittelte Durchschnittspreis für Gas lag im Februar für mittlere und große Unternehmen bei 1,54 ct/kWh. Im Februar lag dieser Wert bei kaum höheren 1,55 ct/kWh (Marktkommentar 2016-02).

ISPEX_Energiepreisindex-Gas_Februar-2016

Das Preisniveau für Gas ist derzeit außerordentlich niedrig. Unternehmen nutzen diese Phase derzeit sehr gerne, um sich ebenso wie bei der Strombeschaffung auch mit langfristigen Gasverträgen einzudecken. Doch auch hier gilt wie beim Strom, dass gerade größere Gasabnehmer eher auf flexible Lieferverträge zurückgreifen sollten, um das Beschaffungsrisiko zu streuen und den Gaspreis über mehrere Einkaufspunkte zu fixieren (Mehr zum Thema Energiebeschaffung). Dafür sprechen nicht nur die Risikostreuung und die Sicherung ebenso niedriger oder gar niedrigerer Gaspreise als die eigenen Wettbewerber, sondern auch die Preisentwicklung an den Großhandelsmärkten sowie die weitere Preisprognose.

Trotz Bodenbildung keine Anzeichen für wesentliche Preissteigerung

Nach der lang anhaltenden Phase sinkender Preise ist nun zu beobachten, dass der Gaspreis seit Mitte Januar insgesamt stabil ist. Neuerdings waren sogar wieder leicht steigende Preise zu beobachten.

Entwicklung der Großhandelspreise für Erdgas
ISPEX_Preischart-Gas_03-2016

Die jüngste Bodenbildung bei leicht anziehenden Preisen könnte als ein Ende des Preisverfalls und als Beginn einer Phase steigender Preise gesehen werden. Dem widersprechen allerdings einige Aspekte des internationalen Gasmarkts, die es zu berücksichtigen gilt.

Wesentlichen Einfluss auf den Gaspreis wird sicher die Entwicklung der Rohölnotierungen haben. Steigt der Rohölpreis weiter, wird das auch den Gasmarkt stabilisieren. Auch die in den letzten Tagen und Wochen gefallenen Temperaturen sorgen für etwas Auftrieb am Gasmarkt, wenngleich dieser vor allem die kurzfristigen Lieferverträge betraf. Allerdings wirken einige Besonderheiten des Gasmarkts einem Anstieg entgegen.

Ähnlich wie bei Kohle ist auch beim Gas ein Überangebot zu beobachten, das unabhängig von bestehenden Pipelines verfügbar ist. Die steigende Produktion verflüssigten Erdgases (LNG) sowie der Bau zusätzlicher Hubs zur Verschiffung desselben sorgen weltweit für ein hohes Gasangebot. Die gesunkenen LNG-Preise im asiatischen Raum führen dazu, dass es in Europa ein höheres Angebot zu niedrigeren Preisen geben wird.

Hinzu kommen Währungsschwankungen, die einen schwächeren Gaspreis befeuern. So fiel das britische Pfund im Vergleich zum Euro, was zu niedrigeren Euro-Preisen am britischen National Balancing Point (NBP) als einem der führenden europäischen Gashandelsplätze führte.

Schließlich sprechen auch die derzeitigen Gasspeicherstände gegen einen steigenden Gaspreis, insbesondere für die Lieferungen im Jahr 2016 und 2017. Aufgrund des milden Winters sind die Speicher im Vergleich zum Vorjahr außerordentlich gut gefüllt. Selbst eine weitere Kältewelle oder unvorhergesehene Produktions- oder Lieferengpässe dürften deshalb nicht geeignet sein, die Gaspreise nach oben ausbrechen zu lassen.

Haftungsausschluss

Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.