Energiemarkt-Kommentar: Trump beendet Kursrallye
Von ISPEX am 11. Mrz 2025

Eine Kältewelle und Drohgebärden aus Washington treiben die Strom- und Gaskurse Anfang Februar in die Höhe. Zeitweise werden für das Strom-Frontjahr wieder mehr als 100 €/MWh fällig. Zur Monatsmitte zeichnet sich ein Wetterumschwung ab. Der US-Präsident scheint zu glauben, einen Frieden in der Ukraine erzwingen zu können. Eine Sicht, die an den Energiemärkten offensichtlich geteilt wird.
Entwicklung der Stromkurse für die kommenden Jahre (Stand: 10.03.25, Quelle: ISPEX Kompass)
Rallye im Februar
Kalte Wetteraussichten sorgen am Gas- und infolgedessen auch am Strommarkt ab Ende Januar für kräftigen Auftrieb. In den Wochen zuvor pendelte der Gaskurs THE 2026 noch vergleichsweise stabil um im Mittel 40,50 €/MWh. Nun trägt eine sich anbahnende Kältewelle maßgeblich dazu bei, dass die Notierung bis zum 11. Februar auf ein neues Rekordhoch von 46,11 €/MWh ansteigt. Der Stromkurs DE Base 2026 klettert an diesem Tag bis auf 101,53 €/MWh, ausgehend von knapp 97 €/MWh zu Anfang Februar. Das ist der höchste Stand seit November 2023.
Entwicklung Erdgas-Terminkurse (Stand: 10.03.25, Quelle: ISPEX Kompass)
Fallende Kurse in der zweiten Monatshälfte
Am Ende des Monats wird sich zeigen, dass der Februar in dieser Wintersaison im Vergleich zu den Vorjahren tatsächlich mit 105 TWh die höchsten Verbräuche aufweist. In der Folge fallen auch die Entnahmen aus den Speichern so hoch aus wie seit Februar 2018 nicht mehr. Im vergangenen Februar allein sinkt der deutsche Gasspeicherstand von 56 % auf nur noch 34 %. Für Entspannung sorgt allerdings die zweite Februarhälfte: Die Temperaturen steigen und in der letzten Februarwoche liegt der Gasverbrauch mit durchschnittlich 3.253 GWh/Tag schon fast auf dem ungewöhnlich niedrigen Niveau des Vorjahres. Es zeichnet sich zudem ein milder März ab. THE 2026 fällt bis auf 36,63 €/MWh am 26. Februar. Tiefer lag die Notierung zuletzt Mitte Dezember. DE Base 2026 folgt dem Gasmarkt und kostet an jenem Tag nur noch 82,80 €/MWh – ein Rückgang um 18 % gegenüber dem Hochpunkt gut zwei Wochen zuvor.
Gasverbrauch Deutschland (Stand: 28.02.25, Quelle: ISPEX Kompass)
Kehrtwende in Washington
Die Kursrallye der ersten Februarhälfte wie auch der anschließende Einbruch an den Terminmärkten hat allerdings auch eine geopolitische Dimension. Am 6. Februar droht der US-Sondergesandte Keith Kellogg noch mit drastischen Sanktionen gegen den russischen Energiesektor. Am 12. Februar macht sein Chef, US-Präsident Trump offenbar eine radikale Kehrtwende: Er telefoniert mit dem russischen Staatschef Putin und signalisiert eine Abkehr von der bisherigen Unterstützung der Ukraine. Am folgenden Handelstag sind heftige Verluste zu verzeichnen: THE 2026 gibt gegenüber dem Schluss des Vortages um rund 7,6 % nach und DE Base 2026 büßt 5,3 % an Wert ein. Im weiteren Verlauf des Monats übernimmt das Weiße Haus immer mehr die Rhetorik Russlands und setzt die Ukraine unter Druck. Den Händlern zeigt dies nicht nur, dass die Risiken für neue Sanktionen gegen russische LNG-Exporte schwinden. Sondern die Chancen für einen Abbau von Sanktionen gegen Russland steigen und denkbar wird sogar eine Rückkehr des Ukraine-Transits.
Sanktionen bleiben eine Option
Doch bleibt bis zuletzt unklar, wie stark die Position der Amerikaner gegenüber den Kriegsparteien und insbesondere Russland ist, um überhaupt nur einen Waffenstillstand herbeizuführen. Am 7. März droht Trump per Tweet direkt Richtung Moskau: Er erwäge umfangreiche Sanktionen gegen Russland, bis eine Friedensvereinbarung geschlossen sei. Effektive Maßnahmen gegen die Gasausfuhren via Pipeline in die Türkei und bis nach Europa sowie gegen die LNG-Ausfuhren des Landes würden die Kurse wieder in die Höhe treiben.
Gasspeicherstand Deutschland (Quelle: ISPEX Kompass)
Gasspeicherziele als Spekulationsanreiz
Ein kälterer Winter als in den Vorjahren sowie Unsicherheit über die Frage, ob Europa in diesem Jahr ausreichend Erdgas beschaffen kann, ohne dabei hohe Aufschläge am LNG-Spotmarkt zahlen zu müssen, rücken in den vergangenen Monaten die Gasspeicherziele der EU in den Fokus – erst seitens der Trader und im Februar auch in jenen der Regierungen. Seit November 2024 gehen mit Rallyes am Gasmarkt besonders starke Zugewinne für Lieferungen in der Sommersaison 2025 einher.
Trader setzen auf steigende Preise
Das Narrativ: Der Winter werde wahrscheinlich kälter ausfallen als in den besonders warmen Vorjahren und ohne den Ukraine-Transit werde es für die Gasimporteure in der EU schwerer, ausreichend Erdgas für die Bevorratung zu beziehen. Selbst der Ausbau der LNG-Kapazitäten in den USA werde angesichts einer vermeintlich steigenden Nachfrage in Asien nicht ausreichen, um die Marktlage zu entspannen. Die gesetzlichen Speicherziele der EU, sowohl zum 1. November als auch die vorangehenden Zwischenziele, werden von Spekulanten am Gasterminmarkt als Garantie für Einkäufe aufgefasst, selbst wenn die Preise wenig attraktiv erscheinen. Das Motto: Versorgungssicherheit schlägt Wirtschaftlichkeit. In der Folge übersteigen die Terminkurse für die Sommermonate jene für die Wintermonate, trotz einer sehr viel geringeren Nachfrage in der warmen Jahreszeit. Hiesige Versorger, die Gas einspeichern wollen, können somit die Mengen nicht gewinnbringend am Terminmarkt absichern bzw. hedgen. Aus fundamentaler Sicht eine fast schon absurde Verzerrung.
EU-Regierungen wollen mehr Flexibilität
Bestätigt sehen sich die Marktteilnehmer durch Pläne der deutschen THE, für die Einspeicherung zur Not eine Prämie zu zahlen, um das ungünstige Verhältnis von Sommer- zu Winterpreisen auszugleichen. Ein klares Signal, dass aus staatlicher Sicht der Preis letztlich nachrangig sei. Doch zeichnet sich im Februar bereits ab, dass die EU-Regierungen dieses Spiel nicht mitmachen wollen und setzen sich gegenüber der EU-Kommission für eine Lockerung der Speichervorgaben ein. Kürzlich schlägt die EU-Kommission vor, die Zwischenziele künftig nur noch als Richtwerte zu betrachten. Allerdings soll die Änderung erst ab dem kommenden Jahr greifen – im Zuge einer Verlängerung der Gasspeicherregulierung bis Ende 2027.
Dennoch geht der Sommer-Winter-Spread zuletzt stark zurück. Entscheidend dafür ist, dass die Annahme einer knappen Versorgungslage nicht mehr greift. Die Marktteilnehmer erwarten eine Friedensvereinbarung für die Ukraine, die – wie oben geschildert – die Angebotssituation ex Russland verbessern werde.
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Der nächste Termin ist Freitag, 21. März 2024.
Haftungsausschluss
Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.
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