Energiemarkt-Kommentar: Kurse nach Einbruch wieder im Aufwind

ISPEX, Energiemarkt, Kommentar, Strom, Gas, Erdgas, Juni 2021

In der ersten Maihälfte schießen die Terminmarktpreise für Strom und Erdgas um mehr als 10 % in die Höhe. Der Strompreis für das Frontjahr legt um rund 8 €/MWh und der Gaspreis um gut 2,50 €/MWh zu. Diese Gewinne büßen die Kurse zur Monatsmitte komplett wieder ein – innerhalb von nur zwei Tagen. Nach einer vergleichsweise stabilen Phase in der zweiten Maihälfte legen die Notierungen Anfang Juni wieder kräftig zu. Die Erdgaskurse für die kommenden Jahre notieren inzwischen wieder auf den Höhen von Mitte Mai.

Strombörse: Teuerung beim Frontjahr um 8 €/MWh binnen 2 Wochen

Preisentwicklung Strom Phelix Base und Peak für das Jahr 2022 (Quelle: EEX)

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Die Rallye der vergangenen Monate bei den Terminkontrakten für Strom wird Anfang Mai noch in den Schatten gestellt. Ausgehend von einem Monatsminimum von 60,41 €/MWh (Base) am zweiten Handelstag des Monats steigt das Frontjahr bis auf 68,64 €/MWh in der Spitze. Nur drei Tage später, am 19. Mai, bricht die Notierung wieder bis auf 60,67 €/MWh ein. Hauptverantwortlich für diese Entwicklung sind zunächst die Erdgaspreise. Da sowohl der April als auch der Mai ungewöhnlich kühl ausgefallen sind, befinden sich die Gasvorräte zu Beginn der Speichersaison auf einem besonders niedrigen Niveau. Selbst bei einem sehr hohen Tempo der Einspeicherungen scheint nun fraglich, ob bis November die Speicher weitgehend vollständig aufgefüllt werden können. Diese Situation verleiht auch den CO2-Preisen neuen Schub. Die Preiskorrektur zur Monatsmitte ist im Zusammenhang mit dem Start des Emissionshandels im Vereinigten Königreich zu sehen. Der Kurseinbruch beginnt just einen Tag vor der ersten Auktion.

Im Monatsmittel kostet das Strom-Frontjahr im Mai 64,31 €/MWh – ein Anstieg um 10,9 % gegenüber dem Vormonat. Die Kalenderjahre 2023 sowie 2024 legen durchschnittlich um 7,5 % bzw. 8,4 % zu.

Gasbörse: Frontjahr notiert zuletzt erneut oberhalb von 22 €/MWh

Preisentwicklung Erdgas NCG für das Jahr 2022 (Quelle: EEX)

Gaspreis, Beschaffung, Unternehmen, Gas, Preis, Börse, Mai 2021

Neben den niedrigen Erdgas-Speicherständen in Deutschland und Europa treiben hohe Preise für Flüssiggas (LNG) in Nordostasien auch die hiesigen Gaspreise an. Die Nachfrage ist dort in Erwartung eines heißen Sommers nach einem sehr kalten Winter in diesem Jahr besonders hoch. In der Folge steigt der Kurs für das Frontjahr ausgehend von 20,30 €/MWh am 4. Mai bis auf maximal 22,70 €/MWh am 12. Mai. Dies entspricht einer Steigerung um gut 12 % binnen sechs Handelstagen. Parallel zur Entwicklung am Strommarkt sorgt der Abverkauf bei den EU-Emissionsrechten zur Monatsmitte auch für eine Preiskorrektur am Gasmarkt. Verstärkt wird die Abwärtsbewegung durch Signale einer Entspannung am LNG-Markt. Und die US-Regierung entscheidet, Unternehmen faktisch nicht mehr zu sanktionieren, die am Bau von Nord Stream 2 mitwirken.

Das Frontjahr verteuert sich gegenüber dem Vormonat im Monatsmittel um 13,6 % auf 21,29 €/MWh. Die Jahre 2023 und 2024 kosten durchschnittlich 6,9 % bzw. 5,6 % mehr als im Monat zuvor.

Ausblick: Mehr Klarheit mit „Fit for 55“?

Für den 14. Juli werden die Vorschläge der EU-Kommission erwartet, mit welchen Maßnahmen die angestrebte Reduzierung der CO2-Emissionen um 55 % gegenüber dem Jahr 1990 bis zum Jahr 2030 realisiert werden sollen. Zwar kursieren Gerüchte, dass die Bekanntgabe der Gesetzesvorschläge erst im September stattfinden werde. Zuletzt drängten die EU-Regierungschefs allerdings öffentlich auf eine zügige Unterbreitung des Maßnahmenpaketes. Wie berichtet, gehört dazu auch die geplante Revision des Emissionshandelssystems (EHS). Sollte der Termin eingehalten werden, kann die Veröffentlichung im kommenden Monat einige Turbulenzen an den Energiemärkten auslösen. Schließlich stellt sich dann heraus, ob die Marktteilnehmer die geplanten Verschärfungen im Rahmen des EU-EHS zutreffend prognostiziert oder ggf. deutlich über- bzw. noch unterschätzt haben. Entscheidend wird allerdings in der Zeit danach sein, ob sich die EU-Regierungschefs untereinander sowie mit dem EU-Parlament über das Gesamtpaket „Fit for 55“ einig werden. Strittig sind insbesondere die Verteilung der Lasten zwischen den Mitgliedsstaaten, die Förderung bzw. Anrechnung von Gas- und Atomkraftwerken im Sinne des Klimaschutzes, die etwaige Einführung eines separaten EHS für Gebäude und Verkehr sowie die Zukunft der freien Zuteilungen an Industriebetriebe im Rahmen des bestehenden EHS. Gerade die Bundesregierung dürfte sich wohl mit einer Erhöhung des Linearen Reduktionsfaktors (LRF) (um den die Anzahl auszugebender EUA jährlich prozentual reduziert wird) leichter tun, sofern Teile der hiesigen Industrie weiterhin durch kostenlose Zuteilungen geschützt werden. In diesem Zusammenhang kommt der Deutsche Wahlkalender ins Spiel: Die letzte Sitzungswoche vor den Wahlen ist die KW25, vor Mitte November ist also kaum mit substanziellen Fortschritten zu rechnen.

Der Stand der Gasspeicher in Deutschland im Jahresverlauf (Quelle: GIE)

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Die Lage am Gasmarkt bleibt derweil angespannt. Auch wenn das Tempo der Einspeicherungen inzwischen deutlich angezogen hat, sind die Füllstände der deutschen Gasspeicher mit aktuell rund 36 % noch um gut 5 Prozentpunkte niedriger als zur gleichen Zeit im Jahr 2018. Die Gasnachfrage in Nordwesteuropa bleibt daher hoch. Und die oben beschriebene Situation rund um den Emissionshandel wird auch die Gaspreise weiterhin maßgeblich beeinflussen.

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Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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