Energiemarkt-Kommentar: Strom und Gas für Unternehmen deutlich teurer

ISPEX Strompreisindex Juni 2016

Die bereits im Vormonat gestiegenen Börsenpreise gaben nun Stromanbieter und Gaslieferanten an ihre Kunden weiter. Im Juni schlossen Unternehmen Energielieferverträge mit durchschnittlich deutlich höheren Konditionen als noch im Mai ab. Damit stieg der von ISPEX monatlich ermittelte Energiepreisindex. Auch an den Börsen stiegen die Notierungen für Strom und Gas weiter, bevor diese Entwicklung durch den Brexit-Schock gestoppt wurde.

ISPEX-Energiepreisindex: Stromlieferverträge mit deutlich gestiegenen Preisen

Nach dem Anstieg der Stromnotierungen an den Energiebörsen im Mai erreicht diese Preissteigerung auch die Endkunden. Im Juni stieg der mittels elektronischen Auktionen und Ausschreibungen ermittelte durchschnittlich angebotene Preis für Stromlieferungen in den kommenden Jahren deutlich von 2,71 ct/kWh im Mai auf nun 3,13 ct/kWh.

ISPEX Strompreisindex Juni 2016

Damit zeichnen die Endkundenpreise die Entwicklung an der Strombörse im Vormonat nach. Ebenso wie diese (Marktkommentar 2016-06) liegen die erzielbaren Einkaufskonditionen für Unternehmen in etwa auf dem Niveau vom Dezember 2015. Betrachtet man die Entwicklung der Angebote innerhalb des vergangenen Monats, wird deutlich, dass die Stromanbieter derzeit sehr nah entlang der Börsenpreise anbieten und kaum eine zeitliche Verzögerung beobachtet werden kann. Für die Aussichten auf die erzielbaren Preise im Juli sind deshalb die jeweiligen Börsenpreise unmittelbar maßgeblich.

Strompreise: Brexit unterbricht Strompreisanstieg

Bereits Ende Mai und Anfang Juni stiegen die Börsenpreise binnen kurzer Zeit kräftig an und erreichten im Juni ein insgesamt höheres Niveau als im Vormonat Mai. Wie die Börsenkurse in der Finanzwelt erschütterte der Brexit auch die Energiebranche und führte an den Energiehandelsplätzen Kontinentaleuropas zu einem abrupten Absacken der Notierungen.

Der zunächst weitere Anstieg der Strompreise an den Börsen ist die konsequente Fortsetzung des im Februar eingeläuteten Preisumschwungs. Seither ist ein Aufwärtstrend bei den Strompreisen zu beobachten, der sich seit Ende April in gesteigerter Form zeigt.

Entwicklung der Großhandelspreise für Strom

ISPEX Preischart Strom 2016-06

Nach wie vor kann als Hauptursache der steigende Kohlepreis ausgemacht werden. Dieser folgte dem Preistrend für Rohöl, der ebenfalls seit Monaten nach oben zeigt. Begleitet von kräftigen Preisschwankungen war im Juni jedoch zu beobachten, dass der gemittelte Trend eine schwächere Aufwärtsbewegung zeigt als in den Wochen zuvor. Mitverantwortlich war vor allem der Einbruch der Preise ausgelöst durch den Brexit am Monatsende. Als feststand, dass sich die Briten im durchgeführten EU-Referendum mehrheitlich für einen Austritt aus der EU aussprachen, führte das zu einem Beben an den Finanzplätzen. Dieser Sog zog auch die Stromnotierungen nach unten und zeigt erneut die mittlerweile immer deutlicher werdenden Zusammenhänge zwischen allgemeiner Wirtschaftslage, den Finanzmärkten und den Energiepreisen.

Obwohl sich die Kurse nach dem ersten Einbruch wieder zu erholen beginnen, spricht einiges dafür, dass sich der Aufwärtstrend verlangsamen und im Juli vielleicht sogar gestoppt werden könnte. Die für die Strompreise so wichtigen Kohlepreise folgen international regelmäßig der Entwicklung des Rohölpreises. Dessen Aufwärtsbewegung wurde im Juni gestoppt und der Preistrend war erstmals wieder seit einigen Monaten über einen Monat hinweg gemittelt fallend. Ob dieser wieder beginnt zu steigen, ist derzeit angesichts der Unsicherheiten bezüglich der Wirtschaftsentwicklung fraglich. Derzeit bestehen viele Unklarheiten, was der Brexit für die weltweite Wirtschaft bedeuten wird. Außerdem gibt es auch keine neuen Anzeichen dafür, dass die ölfördernden Länder eine Angebotsverknappung einleiten würden. Vieles spricht also für stabile und eher nachgebende Rohölpreise, die im Endeffekt auch zu stabilen und gegebenenfalls sogar etwas fallenden Strompreisen im Juli führen würden.

ISPEX-Energiepreisindex: Gas für Unternehmen wieder teurer

Ähnlich wie bei den Strompreisen zogen auch die von Gasanbietern angebotenen Konditionen für den Bezug von Erdgas in den kommenden Jahren an. Der von ISPEX ermittelte durchschnittliche Angebotspreis für Gaslieferverträge erreichte im Juni 1,80 ct/kWh nach zuletzt 1,58 ct/kWh im Mai.

ISPEX Gaspreisindex Juni 2016

Wie auch die Stromanbieter reichten im Juni die Gaslieferanten die gestiegenen Einkaufskonditionen an den Großmärkten an die Kunden weiter. Die international gestiegenen Gaspreise erreichten damit auch die deutschen Unternehmen. Die weitere Entwicklung der Gasangebote ist indes derzeit sehr schwer zu prognostizieren. Auch hier spielen die Entwicklungen an den internationalen Gashandelsplätzen die entscheidende Rolle und die Spuren des Brexit sind erheblich.

Brexit stoppt auch steigende Gaspreise

Der Juni stand zunächst ganz im Zeichen deutlich steigender Gaspreise. Erstmals seit langer Zeit stiegen diese über einen ganzen Monat hinweg nahezu kontinuierlich und deutlich an. Diese Aufwärtsbewegung wurde wie auch beim Strom durch die Reaktion auf das EU-Referendum in Großbritannien gestoppt und die Gaspreise verzeichneten einen Rückgang.

Entwicklung der Großhandelspreise für Erdgas

ISPEX Preischart Gas 2016-06

Der Einfluss der im Mai noch gestiegenen Rohölpreise auf den steigenden Gasmarkt wurde im Juni vor allem durch politische und wirtschaftliche Fakten hinsichtlich der künftigen Verfügbarkeit von Gas in Europa befeuert. Zwar gibt es keine Bedenken hinsichtlich der generellen Verfügbarkeit von Gas in ausreichendem Maße, doch erreichten die Märkte Spekulationen über Einschränkungen bei der Förderung in den Niederlanden. Zusätzliche Unterstützung kam von dem weiter gestiegenen Kohlemarkt, der die Gaspreise festigte.

Mit der Entscheidung für den Austritt aus der EU gab im Zusammenspiel mit allen Märkten auch der Gaspreis nach. Zwar sind nach dem ersten Absacken bereits wieder kleine Aufwärtsbewegungen zu erkennen, doch erscheint fraglich, inwieweit die Preiskurve wieder den kräftigen Aufwärtstrend einschlagen wird. Verbleibt der Rohölpreis weiterhin in einer Seitwärtsbewegung oder fällt sogar etwas ab, wird das auch den Gasmarkt beeinflussen. In diesem Fall könnte das Zusammenspiel der Faktoren einen weiteren Anstieg der Preise zumindest vorübergehend stoppen. Dann sollte der Preis im Juli zunächst stabil bleiben. Allerdings zeigt die Entwicklung der letzten Wochen, dass auch der Gasmarkt wieder wesentlich volatiler geworden ist. Energieeinkäufer und Unternehmen sollten deshalb den Markt täglich beobachten und in der Lage sein, schnelle Entscheidungen zu treffen. Dazu bietet ISPEX online-gestützte Systeme zur automatischen Marktüberwachung nach kundenspezifischen Vorgaben. Mit dieser Form der systematischen Marktbeobachtung werden Risiken minimiert und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlagen geschaffen.

Haftungsausschluss

Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.