Energiemarkt-Kommentar: Strompreise steigen auf Niveau vor Corona-Lockdown

Unsere Annahme aus dem Vormonat, die Energiepreise hätten die Talsohle bereits durchschritten, findet sich im Juni bestätigt. Angesichts der gegenwärtigen Krise überrascht allerdings die Stärke der Aufwärtsbewegung bei den Strompreisen. So notiert der ISPEX-Strompreisindex für Juni bei 4,60 ct/kWh und liegt damit 5,9 % höher als noch im Mai. Die Kurse für Erdgas haben dagegen nur geringfügig zugelegt. Der ISPEX-Gaspreisindex steigt um 1,3 % auf 1,62 ct/kWh.

Strombörse: Frontjahr verteuert sich im Monatsverlauf um mehr als 5 €/MWh

Die Strombörse war im Juni von einem starken Aufwärtstrend geprägt. Ausgehend von einem Baseloadpreis von 36,33 €/MWh legte das Kalenderjahr 2021 im Monatsverlauf um 5,31 €/MWh zu und kehrte damit wieder auf das Niveau vor Ausbruch der Corona-Krise zurück.

Im Mittel kostete das Frontjahr im Juni 39,02 €/MWh, ein Anstieg um 6,7 % gegenüber dem Vormonat. Die Jahre 2022 sowie 2023 notierten im Durchschnitt bei 42,50 €/MWh bzw. 44,57 €/MWh und verteuerten sich damit im Vergleich zum Mai um 4,8 % bzw. 4,4 %.

Entwicklung der Großhandelspreise für Strom

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ISPEX-Strompreisindex: Angebotspreise der Versorger legen deutlich zu

Getrieben durch die steigenden Börsenpreise zogen auch die Strompreise für die Unternehmen im Juni deutlich an. Der ISPEX-Strompreisindex steigt gegenüber dem Vormonat um 5,9 % und notiert nunmehr bei 4,60 ct/kWh. Einen derart deutlichen Preisanstieg binnen eines Monats hatte es zuletzt im Herbst 2018 gegeben.

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Gasbörse: Terminmärkte für Erdgas weitgehend stabil

Im Gegensatz zu den Strompreisen war bei den Börsenpreisen für Erdgas im Juni nur wenig Bewegung zu beobachten. Wie schon im Vormonat schloss das Frontjahr an den meisten Handelstagen im Korridor zwischen 12,50 €/MWh und 12,90 €/MWh. Kurze Ausreißer gab es lediglich am Monatsbeginn sowie in der Monatsmitte, als die Preise mit knapp über 12,20 €/MWh neue Tiefstwerte erreichten.

Im Mittel lag der Handelspreis für das Kalenderjahr 2021 bei € 12,60 /MWh und blieb damit im Vergleich zum Vormonat nahezu unverändert. Die Jahre 2022 und 2023 wurden durchschnittlich bei 14,46 €/MWh bzw. 15,24 €/MWh gehandelt, was einem moderaten Anstieg um 1,7 % bzw. 0,8 % entspricht.

Entwicklung der Großhandelspreise für Erdgas

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ISPEX-Gaspreisindex: Preise für die Unternehmen steigen leicht

Bei den Angebotspreisen für die Unternehmen in Deutschland war im Juni erneut ein leichter Preisanstieg festzustellen. Der ISPEX-Gaspreisindex notiert jetzt bei 1,62 ct/kWh und liegt um 1,3 % bzw. 0,02 ct/kWh höher als noch im Vormonat.

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Ausblick: Preise für CO2 und Strom scheinen von der aktuellen Situation entkoppelt

Der Aufwärtstrend an der Strombörse hat sich Anfang Juli zunächst fortgesetzt. Das Frontjahr stieg in den ersten Handelstagen bis auf 43,41 €/MWh und pendelte dann bis zur Monatsmitte im Bereich zwischen 42,00 und 43,00 €/MWh. Auch am Gasmarkt zogen die Preise in der ersten Junihälfte an. Die Notierungen für das Frontjahr erreichten Werte im Bereich von 13,00 €/MWh bis 13,50 €/MWh, blieben damit aber im Gegensatz zu den Strompreisen noch unterhalb des Niveaus vor der Krise.

Maßgeblicher Auslöser für den Anstieg der Strompreise ist nach wie vor die Rallye bei den CO2-Preisen, die seit einigen Wochen zu beobachten ist. Die Preise für die Emissionsrechte waren zuletzt den positiven Entwicklungen an den Aktienmärkten gefolgt und liegen derzeit sogar deutlich höher als noch vor der Corona-Krise. Analysten sehen hier einen zunehmenden Einfluss von Finanzinvestoren, die offensichtlich an den CO2-Markt zurückgekehrt sind.

Mit Blick auf die aktuellen Meldungen rund um die Corona-Krise kann die sehr optimistische Markterwartung, die sich in den gestiegenen Handelspreisen widerspiegelt, durchaus überraschen. Schließlich ist eine vollständige Erholung der Wirtschaft derzeit noch nicht absehbar. Aktuelle Konjunkturdaten aus der Eurozone deuten eher auf eine langsame Erholung der Konjunktur hin. Die Industrieproduktion in der EU konnte zuletzt nur einen geringeren Zuwachs als erwartet verbuchen und auch der ZEW-Index zeigt sich schwächer als von Experten prognostiziert. Zugleich scheint auf der politischen Ebene derzeit wenig Einigkeit dahingehend zu herrschen, die Unternehmen durch eine zusätzliche Verknappung der zu versteigernden Zertifikate noch weiter zu belasten. Das Szenario einer geringeren Stromabnahme seitens der Industrie und damit eines geringeren Bedarfs an CO2-Zertifikaten scheint am Markt aber derzeit nur wenig Beachtung zu finden. Diese Analyse nährt den Verdacht, dass sich eine Spekulationsblase am CO2-Markt gebildet hat, die in Folge schlechter Nachrichten aus der Realwirtschaft in sich zusammenfallen kann. Bleiben die schlechten Nachrichten jedoch aus, ist nicht auszuschließen, dass die Investoren richtig gelegen haben und wir bis Jahresende wieder Strompreise auf dem Niveau von 2019 sehen werden.

Am Gasmarkt lassen sich derzeit kaum Ansatzpunkte für steigende Preise ausmachen. Die deutschen Gasspeicher sind im Juli bereit zu ca. 90 Prozent gefüllt und auch EU-weit liegt die Kapazitätsauslastung bei über 80 Prozent. Die Speicherstände sind damit deutlich höher als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, so dass die Nachfrage für die weitere Einspeicherung in den kommenden Monaten geringer als üblich ausfallen wird. Auch von Seiten der Industrie oder der Kraftwerksbetreiber ist kurzfristig kein deutlicher Anstieg des Gasbedarfs zu erwarten. Insofern zeichnet sich für die kommenden Wochen eine vergleichsweise stabile Marktentwicklung ab.

Ihr ISPEX-Energiemanager behält sich Entwicklung der Marktpreise laufend für Sie im Blick und berät Sie zu den möglichen Strategien bei der Energiebeschaffung. Gern prüfen wir auch die Angebote Ihrer aktuellen Strom- und Erdgaslieferanten im Hinblick auf etwaige Einsparpotenziale. Bitte sprechen Sie uns an!

Haftungsausschluss

Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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Andreas Seegers

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