Energiemarkt-Kommentar: Unternehmen kaufen Strom unter 3 ct/kWh und Gas unter 2 ct/kWh. Vorsicht bei angebotenen Preissenkungen.

Unternehmen kaufen derzeit Strom und Gas zu Dumping-Preisen. Diese fielen im August auf unter drei Cent für eine Kilowattstunde Strom und unter zwei Cent je Kilowattstunde für Gas. Die aktuelle Preissituation versetzt fast alle Energieanbieter in die Lage, günstige Preise und sogar Preissenkungen anzubieten. Dennoch sollte der Bedarf unbedingt wettbewerblich ausgeschrieben und ein vermeintlich günstiges Angebot nicht allzu schnell angenommen werden. Meist sind die Einsparmöglichkeiten höher als vermutet bzw. in Aussicht gestellt. In unserem Energiemarkt-Kommentar erläutern wir die Hintergründe.

Günstiger Strom: Historisch tiefe Börsenpreise mit Anzeichen für Stabilisierung

Mit dem Durchbrechen der Marke von 30 EUR/MWh erreichte das Frontjahr einen weiteren historischen Tiefstand. Nachdem der Frontmonat und das Frontquartal diese Marke in der Vergangenheit bereits wiederholt durchbrochen hatten, fiel nun erstmals auch das Frontjahr unter diese Grenze.

Entwicklung der Großhandelspreise für Strom

ISPEX_Preischart-Strom_201509

 

Nach dem starken Absacken der Notierung für die Kalenderjahre erwarten Teile des Energiemarkts nun, dass sich die Preise stabilisieren. Ein Grund ist der bereits im Juli deutlich gestiegene und nach wie vor stabile Preis für den Frontmonat. In den vergangenen Jahren war stets zu beobachten, dass im Laufe des zweiten Halbjahres der Frontmonat fester notierte und das Frontjahr gestützt hat. Derzeit ist der beginnende Aufwärtstrend des Frontmonats erkennbar und es spricht einiges dafür, dass sich der Verlauf der Preiskurve auch dieses Jahr wiederholt. Dem steht jedoch der auch im August weiter gefallene Kohlepreis entgegen. Dieser macht zwar erste Andeutungen auf eine Stabilisierung, doch fehlt nach wie vor der entscheidende Impuls aus der Weltwirtschaft für eine steigende Kohlenachfrage. Auch wenn sich die Strompreise nun stabilisieren sollten, ist wohl kaum damit zu rechnen, dass die Jahresverträge kurzfristig deutlich steigen werden.

ISPEX-Energiepreisindex: Strompreis für Unternehmen historisch tief

Die gesunkenen Börsenpreise für die kommenden Kalenderjahre bescherten den Unternehmen günstige Preise für Industriestrom. Der seit 2011 monatlich berechnete ISPEX-Energiepreisindex fiel im August auf 3,43 ct/kWh (Vormonat 3,54 ct/kWh) und damit erstmals unter die Marke von 3,5 ct/kWh. In Online-Auktionen erzielten ISPEX-Kunden sogar Preise unter 3,0 ct/kWh.

ISPEX_Strompreisindex_August-2015

Damit fiel der durchschnittliche Beschaffungspreis für Strom wie im Vormonat erwartet (Energiemarkt-Kommentar 08-2015) nochmals ab. Das günstige Einkaufspreisniveau sollte selbst bei Stabilisierung des Preisniveaus an den Börsen auch im September im Großen und Ganzen noch bestehen bleiben. Der September wird zudem traditionell stark für den Abschluss neuer Stromlieferverträge genutzt. Viele Stromlieferverträge laufen parallel zu den Kalenderjahren und haben eine dreimonatige Kündigungsfrist. Deshalb verhandeln viele Unternehmen den Strompreis für das kommende Jahr im September. Dabei ist in diesem Jahr besondere Vorsicht geboten. Aufgrund der niedrigen Großhandelspreise können Stromanbieter günstige Preise im Einkauf realisieren und damit (eigentlich) niedrige Stromtarife und Strompreise anbieten. Viele Stromanbieter nutzen die Gunst der Stunde und bieten Bestandskunden neue Konditionen an, die mit schmalen Preisnachlässen oder sogar nur „ohne Strompreiserhöhung“ auskommen. Die Erfahrung der ISPEX-Berater zeigt jedoch, dass diese neuen Konditionen die besseren Einkaufskonditionen meist nur teilweise abbilden und damit die Marge der Anbieter stärken statt Einkaufsvorteile an den Kunden weiterzureichen. Deshalb ist gerade bei fallenden Preisen dringend zur Durchführung einer möglichst breit gestreuten Ausschreibung zu raten. Im Idealfall wird diese als Online-Auktion ausgestaltet, um den Wettbewerb zwischen den Energieanbietern voll auszunutzen.

 

Günstiges Erdgas: Niedrige Gaspreise im Wettbewerb unter den Gasanbietern erzielbar

Die Gaspreise knüpften im August an die Entwicklung im Juli an (Energiemarkt-Kommentar 08-2015) und fielen weiter bis unter die Marke von 20 EUR/MWh.

Entwicklung der Großhandelspreise für Erdgas

ISPEX_Preischart-Gas_201509

Viele Experten sehen noch Potenzial für weitere Preisabschläge. Entscheidend dürfte dabei auch sein, wie sich der internationale Preis für Rohöl entwickelt. Dieser beeinflusst in der Regel als ein Faktor unter vielen auch die Preise für Erdgas und ist in den letzten Augusttagen recht deutlich gestiegen. Das könnte die nach der mehrmonatigen Abwärtsbewegung bereits erwartete Korrekturbewegung nach oben sein und das Preisniveau stabilisieren. Da derzeit keine wesentliche Änderung der Rahmenbedingungen absehbar ist, dürfte der Faktor Rohöl in den kommenden Wochen eine besondere Bedeutung haben und zeigte auch in den letzten Augusttagen bereits erste Reaktionen beim Gaspreis.

ISPEX-Energiepreisindex: Gaspreis für Unternehmen teilweise unter 2,0 ct/kWh

Die Preisabschläge an den Großhandelsplätzen bescherten auch den Unternehmen extrem niedrige Gaspreise. Diese erhielten von Gasanbietern in Online-Aktionen zum Teil Preise, die unter der Marke von 2,0 ct/kWh lagen. Der von ISPEX aus allen abgegebenen Bestgeboten errechnete Durchschnittspreis sank weiter von 2,28 ct/kW im Vormonat (Energiemarkt-Kommentar 08-2015) auf 2,13 ct/kWh im August.

ISPEX_Gaspreisindex_August-2015

Insgesamt ist derzeit die ganz überwiegende Menge der Gasanbieter in der Lage, gute bis sehr gute Preise zu bieten. Entscheidend sind dabei sowohl deren Einkaufsstrategie als auch deren Wille und Fähigkeit, die Vorteile auf dem Großmarkt auch an die Gasverbraucher weiterzugeben. Ebenso wie bei den Stromanbietern ist hier oftmals zu beobachten, dass die Vorteile nur zögerlich weitergegeben werden. Deshalb sollten Unternehmen keinesfalls ohne vorherige Ausschreibung einen Energieliefervertrag abschließen. Besonders wenn das Angebot vom Energieanbieter als nur kurz haltbar dargestellt wird, sollte man wachsam sein und eine wettbewerbliche Ausschreibung wagen. Angesichts der derzeitigen und für den kommenden Monat erwarteten stabilen Preisentwicklung ist davon auszugehen, dass das Ausnutzen des Wettbewerbs unter den Anbietern mehr Einsparungen ermöglicht als der schnelle Abschluss eines (vermeintlich) besonders guten Angebots.

 

Haftungsausschluss

Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.