Energiemarkt-Kommentar: Strom- und Gaspreise für Gewerbe und Industrie wieder fallend

ISPEX Preischart Strom 2016-09

Die im Juli vollzogene Kehrtwende bei den Energiepreisen für Unternehmen mündete im August in eine fallende Preisentwicklung. Kunden aus Gewerbe und Industrie konnten sowohl Strom als auch Gas günstiger als im Vormonat beziehen. Bei den Prognosen für die Preisentwicklung im September gehen die Meinungen der Energiemarkt-Experten auseinander.

ISPEX-Energiepreisindex: Strompreise im August fallend

Der Durchschnittswert der auf ausgeschriebene Stromlieferverträge gebotenen Angebote lag im August bei 3,04 ct/kWh, nachdem er im Juli noch bei 3,13 ct/kWh lag (Marktkommentar 2016-08). Nach den Steigerungen in den letzten Monaten wies der durchschnittliche Strompreis damit erstmals wieder einen fallenden Wert auf.

ISPEX Strompreisindex August 2016

Diese Entwicklung begünstigt die traditionell im September beginnende Beschaffungssaison, in der besonders viele Unternehmen ihre Stromlieferverträge neu verhandeln. Viele Verträge laufen am Ende des Kalenderjahres aus und haben eine dreimonatige Kündigungsfrist. Deshalb stehen diese Verträge nun zur Kündigung an und Unternehmen verhandeln neue Konditionen. Dieses Vorgehen kann angesichts der Preisentwicklung im vergangenen Jahr auch dringend empfohlen werden. Das Preisniveau liegt derzeit trotz der Steigerungen in den letzten Monaten unter dem der Vorjahre. Durch eine Kündigung können nun in der Regel bessere Konditionen erzielt werden. Allerdings sollte keinesfalls allein durch Nachverhandlungen mit dem bestehenden Lieferanten versucht werden, den bestmöglichen Preis zu erzielen. Nur eine bundesweite Ausschreibung deckt auf, welche Preise tatsächlich auf dem Markt erzielbar sind. Dabei gilt: Nur im interaktiven Bieterwettstreit sind viele Stromanbieter auch bereit, die möglichen Preissenkungen an den Kunden weiterzugeben. Die Verfahren einer offenen Online-Ausschreibung oder einer elektronischen Auktion bieten dafür beste Voraussetzungen.

Uneinigkeit bei den Prognosen für die Strompreisentwicklung an den Energiebörsen

Maßgeblichen Einfluss wird für die erzielbaren Konditionen der nun zu verhandelnden Stromlieferverträge die Preisentwicklung an den Strombörsen haben. Da sich die Stromanbieter selbst an den Börsen beziehungsweise den von den Börsenkursen beeinflussten Großmärkten eindecken, haben diese Kurse unmittelbaren Einfluss auf die regelmäßig abgegebenen Angebote zur Belieferung der Endkunden. Pünktlich zur Hauptzeit der Strombeschaffung sind diese Preise wieder in eine fallende Tendenz eingeschwenkt.

Entwicklung der Großhandelspreise für Strom

ISPEX Preischart Strom 2016-09

Bei der Prognose über die Entwicklung der Strompreise sind sich die Experten am Energiemarkt nicht einig. Die Einflussfaktoren auf die Strompreisentwicklung gestalten sich derzeit sehr unterschiedlich. Insbesondere die jüngsten Entwicklungen der für die Strompreise relevanten Kohle- und Ölnotierungen an den Weltmärkten sorgen für Unsicherheit. Beide Preise entwickeln sich derzeit uneinheitlich und lassen keine klaren Tendenzen erkennen. Die Kohlepreise selbst verzeichneten im August unterschiedliche Bewegungen, zeigten insgesamt vor allem am Monatsende aber eine steigende Bewegung. Nach dem erneuten Preisverfall beim Rohöl in den Monaten Juni und Juli zogen die Preise im August zunächst an, um danach wieder etwas nachzugeben. International schicken sich einige bedeutende Erdöl fördernde Länder an, über Absprachen zu Förderbeschränkungen den Preis zu stabilisieren. Das könnte den Preis erneut festigen. Sollten sich beide Rohstoffe, Kohle und Erdöl, im Preis stabilisieren, spräche vieles für ebenfalls steigende Strompreise an den Börsen.

Obwohl es weder für einen deutlichen Anstieg noch für eine Fortsetzung oder gar Beschleunigung der eingesetzten Preissenkung eindeutige Anzeichen gibt, erscheint eine Stabilisierung gefolgt von einem leichten Anstieg der Stromnotierungen am wahrscheinlichsten. Allerdings geben die Vorzeichen für die weitere Preisentwicklung derzeit keinen Grund, übereilt eine vermeintlich besonders günstige Preissituation ausnutzen zu müssen, da ein Anstieg der Preise eher verhalten ausfallen dürfte.

ISPEX-Energiepreisindex: Gas ebenfalls wieder etwas günstiger

Unternehmen erhielten im August für den Abschluss neuer Gaslieferverträge etwas günstigere Konditionen als im Juli. Der durchschnittlich gebotene Preis für Großkunden fiel leicht von 1,78 ct/kWh im Juli auf 1,70 ct/kWh im August.

ISPEX Gaspreisindex August 2016

Das Preisniveau bei den im Jahr 2016 verhandelten Gaslieferverträgen bleibt also nach wie vor niedrig. Insgesamt liegt dieses trotz der etwas höheren Preise seit Juni unter dem Niveau des Vorjahres. Unternehmen tut also gut daran die bestehenden Gaslieferverträge zu kündigen und neu zu verhandeln. Auch hier sollte die Freiheit, den Bedarf frei ausschreiben zu können, in jedem Fall genutzt werden. Die auf dem Markt agierenden Akteure haben aufgrund der unterschiedlichen Struktur und Einkaufsstrategie ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Teilweise kaufen Gaslieferanten selbst das von Ihnen zur Belieferung ihrer Kunden benötigte Gas deutlich teurer ein als es andere Lieferanten ihren Kunden im Verkauf anbieten. Der Lieferantenauswahl kommt gerade beim Gaseinkauf derzeit erhebliche Bedeutung zu. Als beste Methode, den günstigsten Lieferanten zu finden, gilt nach wie vor die Online-Ausschreibung kombiniert mit einem elektronischen Auktionsverfahren, in dem sich die Lieferanten in einem offenen Bieterwettbewerb unterbieten (mehr zum Thema Energiebeschaffung).

Gaspreise seit Mitte Juli fallend

Die gesunkenen Einkaufspreise für Unternehmen spiegeln die Entwicklung an den Großmärkten wider: Die Notierungen für Gas fallen dort seit Mitte Juli wieder.

Entwicklung der Großhandelspreise für Erdgas

ISPEX Preischart Gas 2016-09

Am Energiemarkt werden derzeit Stimmen laut, die von wieder steigenden Gaspreisen sprechen. Diese stützen sich zum einen auf die Zusammenhänge mit anderen Primärenergieträgern und zum anderen auf technische Prognosemodelle.

Der Erwartung wieder steigender Gaspreise widerspricht allerdings der Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage. Nach wie vor gibt es einen Angebotsüberhang, während auf der Nachfrageseite keine signifikante Steigerung abzusehen ist. Jedenfalls für das Frontjahr erscheint ein Anstieg eher unwahrscheinlich. Diese Annahme wird auch durch die aktuelle Speichersituation gestützt. Hier treffen recht hohe Verfügbarkeiten bei gespeichertem Gas auf nach wie vor reduzierte Einlagerungsmöglichkeiten. Anders könnte sich die Situation bei den Lieferjahren ab 2018 darstellen. Hier spricht einiges dafür, dass die Erwartung künftig stabilerer oder gar wieder steigender Ölpreise eingepreist wird.

Alles in allem dürfte das Frontjahr, welches gegen Ende des laufenden Jahres ohnehin an Bedeutung verliert, eher niedrig bleiben, während sich die entfernteren Lieferjahre wieder stabilisieren dürften.

 

Haftungsausschluss

Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.