Energiemarkt-Kommentar: Neue Allzeit-Rekorde und kein Ende der Rallye in Sicht

ISPEX, Energiemarkt, Kommentar, Strom, Gas, Erdgas, September 2021

Die Rallye bei den Börsenpreisen für Strom und Erdgas setzt sich auch im August und im September weiter fort. Der Baseloadpreis Strom für das Frontjahr kratzt inzwischen an der Schwelle von 100,00 €/MWh und auch der Gaspreis für 2022 liegt mit Werten von ca. 38,00 €/MWh auf einem Allzeithoch. Maßgeblicher Faktor für die Entwicklung ist weiterhin und voraussichtlich auch auf absehbare Zeit die angespannte Situation am Gasmarkt. ISPEX zeichnet für Sie die Entwicklung an den Terminmärkten nach und wirft einen Blick auf die aktuelle Marktlage.

Strombörse: Frontjahr legt im Monatsverlauf August um mehr als 10 €/MWh zu

Preisentwicklung Strom Phelix Base und Peak für das Jahr 2022 (Quelle: EEX)

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Im August setzt sich die Preisrallye bei den Börsenpreisen für Strom und Erdgas unvermindert fort. Zu Monatsbeginn notiert der Strompreis für das Frontjahr noch bei rund 77 €/MWh (Base), zur Monatsmitte sind es dann bereits knapp 85 €/MWh. Ursache für den rasanten Anstieg der Kurse ist eine Pannenserie in der Gasversorgung. Nachdem bereits im Juli der Ausfall von norwegischen Produktionskapazitäten den Markt belastet, kommt es am 5. August zu einem Brand in einer Gasverdichtungsanlage im russischen Urengoy. In der Folge ist die Gasversorgung Deutschlands über die Jamal-Pipeline über Wochen beeinträchtigt. Erst am 19.  August sorgt die Mitteilung von Gazprom, noch in diesem Jahr 6 Mrd. m³ Erdgas durch die Nord Stream 2 – Pipeline liefern zu können, für einen Kurseinbruch. Doch die Hoffnung auf eine Trendwende erfüllt sich nicht. Schnell setzt sich am Markt die Erkenntnis durch, dass es letztlich nicht in der Macht des russischen Lieferanten steht, wie schnell die neue Pipeline in Betrieb gesetzt werden kann. Entscheidend ist hierfür die Zertifizierung als unabhängiger Transportnetzbetreiber durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) – und diese kann sich bis zu 4 Monate nach Einreichung der erforderlichen Unterlagen durch die Nord Stream 2 AG hinziehen. So legen die Märkte nach dem kurzen Rücksetzer weiter zu. Das Strom-Frontjahr beschließt den Monat mit 86,88 €/MWh (Base) – 11,90 €/MWh höher als Ende Juli.

Im Monatsmittel kostet das Strom-Frontjahr im August 81,46 €/MWh, ein Anstieg um 12,9 % gegenüber dem Vormonat. Etwas moderater verlaufen die Entwicklungen für die Folgejahre. Das Kalenderjahr 2023 kostet 9,7 % mehr, die Notierung für das Jahr 2024 legt 5,5 % zu.

Gasbörse: Frontjahr im Monatsmittel August mit Plus von 21,8 %

Preisentwicklung Erdgas NCG für das Jahr 2022 (Quelle: EEX)

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Wie oben beschrieben, sind die extremen Entwicklungen an den Energiemärkten in den letzten Wochen vornehmlich auf die angespannte Situation am Gasmarkt zurückzuführen. Dementsprechend entspricht der Verlauf der Gaspreise im August weitgehend dem der Strompreise. Der Marktpreis für das Frontjahr startet mit knapp 28,00 €/MWh in den Monat und legt dann bis zur Monatsmitte auf knapp 34,00 €/MWh zu. Nach der kurzen Gegenbewegung, als der Preis noch einmal knapp unter 30,00 €/MWh rutscht, nimmt der Markt schnell wieder Fahrt auf und erreicht am letzten Handelstag im August einen Wert von 34,15 €/MWh.

Im Monatsmittel verteuert sich die Notierung im Vergleich zum Vormonat um 21,8 % auf 31,55 €/MWh. Auch hier weisen die Folgejahre etwas geringere Zuwächse auf. Das Jahr 2023 verzeichnet ein Plus von 12,3 % und das Jahr 2024 steigt um 7,7 %.

Ausblick: Kein Ende der Rallye in Sicht – neue Allzeit-Rekorde im September

Für Unternehmen, die für das kommende Jahr noch Strom oder Erdgas einkaufen müssen, ist nach wie vor kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht. Im Gegenteil: Die Rallye im Energiesektor setzt sich auch im September ungebremst fort. Im Laufe der dritten Septemberwoche erreicht der Base-Strompreis für das Frontjahr erstmals die Schallmauer von 100,00 €/MWh. Und die Gaslieferung für das nächste Jahr ist mit Preisen um 38,00 €/MWh so teuer wie noch nie.

Aus charttechnischer Sicht steht zwar inzwischen eine Preiskorrektur aus. Doch das fundamentale Umfeld ist weiterhin bullish: Nicht nur in Europa und Nordostasien, auch in den USA und damit auf nahezu der gesamten Nordhalbkugel nehmen die Sorgen um eine ausreichende Gasversorgung im kommenden Winter zu. Dabei zeichnet sich noch immer kein Ende der Hitze in Japan, Südkorea und Teilen Chinas ab. In der Region werden noch mindestens bis Monatsende Temperaturen von maximal um die 30 °C erwartet. Zugleich stützt hierzulande ein eher schwaches Windaufkommen die Nachfrage nach fossiler Energie.

Verschärft wird die Situation durch die niedrigen Füllstände der Gasspeicher in Deutschland. Aktuell sind die Speicher nur zu ca. 63 % gefüllt, mehr als 12 Prozentpunkte unterhalb des Niveaus im Jahr 2018 zur gleichen Zeit. In den Jahren 2019 und 2020 betrugen die Speicherstände bereits 96 % bzw. 94 %. Die Mitteilung über die weitgehende Fertigstellung von Nordstream 2 hat zuletzt nicht für eine Abwärtsbewegung gesorgt. Stattdessen überwiegen jetzt am Markt Zweifel, ob überhaupt noch mit ersten Gasmengen durch die neue Pipeline in diesem Jahr zu rechnen ist. Nach jüngsten Medienberichten verweisen das BMWi sowie die BNetzA auf noch immer unvollständige Anträge der Nordstream 2 AG, weshalb die 4-Monatsfrist für eine Genehmigung als unabhängiger Transportnetzbetreiber nicht einmal begonnen habe. Insofern bestehen derzeit nur wenig Hoffnungen für eine Trendumkehr.

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Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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