Energiemarkt-Kommentar: Geopolitik zurück auf Tagesordnung

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Angesichts einer guten Versorgungslage rücken im September die geopolitischen Risiken vorerst in den Hintergrund. Die wirtschaftlichen Aussichten gerade für Deutschland sind zudem mehr schlecht als recht – eine substanzielle Erholung der Energienachfrage scheint nicht absehbar. Eine Zeitungsente führt die Kurse im Energiekomplex auf ein Mehrmonatstief, bevor die Lage in Nahost seither wieder für steigende Preise sorgt.

Strom-Terminmarkt: Mehr AKW-Strom aus Frankreich

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Entwicklung der Stromkurse für die kommenden Jahre (Stand: 14.10.24, Quelle: EEX, ISPEX Kompass)

Zu Beginn des Monats September kommt es am Strommarkt zu einem schlagartigen Kursrutsch. Innerhalb von zwei Handelstagen fällt DE Base 2025 von 95,57 €/MWh um 5,53 €/MWh bzw. 5,8 % auf rund 90 €/MWh am 4. September. An diesem Tag gibt der Energiekonzern EDF bekannt, dass der Output der französischen AKW in diesem Jahr mit 340 bis 360 TWh deutlich höher ausfallen soll als bislang geplant (315 bis 345 TWh). Insbesondere mit Blick auf den Winter verheißt die Meldung für Deutschland, weiterhin verlässlich Strom aus Frankreich importieren zu können, während Frankreich weniger auf Importe aus Deutschland angewiesen sein wird.

Zugleich dürfte ein Schub für die Energienachfrage zumindest im laufenden Jahr ausbleiben: Ebenfalls am 4. September korrigiert das Institut für Weltwirtschaft in Kiel seine Wachstumsprognose für 2024 nach unten auf 0,1 % YoY (bislang: +0,2 % YoY). Ähnlich die Einschätzung des ifo Instituts vom 5. September: Die Ökonomen aus München prognostizieren Nullwachstum in 2024 und auch mit Blick auf 2025 ist mit einem Plus von 0,9 % YoY, statt bislang 1,5 % YoY, keine kräftige Erholung der Wirtschaftsentwicklung zu erwarten.

Ab dem 10. September geht es für DE Base 2025 weiter kräftig abwärts. Die Notierung fällt bis auf einen vorläufigen Tiefpunkt von 83,73 €/MWh am 16. September. Zwar sind die Erdgaslieferungen Norwegens in den Raum Nordwest-EU aufgrund regulärer Wartungen noch stark eingeschränkt, doch ist der Tiefpunkt mit rund 1.600 GWh/Tag bereits erreicht und für die zweite Monatshälfte zeichnet sich ab, dass die täglichen Liefermengen auf ihr Normalniveau von etwa 2.400 GWh/Tag zurückkehren werden.

Zu einer Aufwärtsbewegung kommt es jedoch am 17. September, als im Libanon zahlreiche Pager-Geräte explodieren, die von der Hisbollah-Miliz zur Kommunikation verwendet werden. Abermals droht sich die Lage im Nahen Osten zu verschärfen. Der Schreck ist zunächst nur von kurzer Dauer. Am 19. September fällt DE Base 2025 auf das Monatsminimum von 82,28 €/MWh und damit auf den niedrigsten Stand seit dem 5. April.

Auslöser ist eine fehlerhafte Meldung der Agentur Reuters, der zufolge es zwischen der Ukraine und Aserbaidschan zu einer Einigung über den Transit von Erdgas ab 2025 in die EU gekommen sei. Das ist jedoch nicht der Fall und das Strom-Frontjahr steigt am 23. September wieder über die Marke von 84 €/MWh. Der Transitvertrag zwischen der Ukraine und Russland läuft ultimo 2024 aus. Ohne eine Vereinbarung mit einem neuen Lieferanten müssten jährlich mindestens ca. 140 TWh Pipeline-Gas (insbesondere für die Länder Österreich und Slowakei) durch LNG ersetzt werden.

Wie nicht anders zu erwarten war, rücken die geopolitischen Risiken für die Energieversorgung rasch wieder in den Vordergrund. Am 25. September informiert der israelische Militärchef, dass sich die Armee auf eine Bodenoffensive im Libanon vorbereitet. Mit der Tötung des Anführers der Hisbollah am 27. September steigt DE Base 2025 auf 87,69 €/MWh. Die Notierung beendet den Monat am folgenden Handelstag mit 87,22 €/MWh. Im Monatsmittel kostet DE Base 2025 mit 87,53 €/MWh rund 9,9 % weniger als noch im August. DE Base 2026 gibt um 6,6 % auf 82,56 €/MWh nach. DE Base 2027 fällt um 3,4 % auf 75,26 €/MWh.

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Day-Ahead-Strompreise seit Ende August (Stand: 14.10.24, Quelle: EPEX, ISPEX Kompass)

Auch am Spotmarkt geben die Preise im September deutlich nach. Im Monatsmittel kostet DE Base Day-Ahead 78,31 €/MWh. Gegenüber dem Vormonat beträgt das Minus 4,6 %, während im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Rückgang um 22,2 % zu verzeichnen ist. Dabei kann der Anstieg der fossilen Energiepreise im September durch ein erhöhtes Windaufkommen mehr als kompensiert werden. Mit einer Windstromproduktion von 10,8 TWh steigt die Erzeugung der Anlagen um etwa 62 % sowohl im Vergleich zum August als auch im Vergleich zum September 2023. Der Anteil der Erneuerbaren an der inländischen Nettoerzeugung beträgt im September 54,8 % und liegt um 21,0 % höher als noch im Vorjahresmonat.

Im Oktober setzt sich am Stromterminmarkt der volatile Seitwärtslauf von Ende September fort. DE Base 2025 pendelt vorwiegend zwischen rund 85 und 88 €/MWh. Im Minimum fällt die Notierung bislang auf 84,70 €/MWh. Entscheidend dafür ist eine Fortsetzung der Abwärtsbewegung am Markt für EU-Emissionsrechte. Der CO2-Preis für den Frontmonat fällt bis auf 60 €/t – der niedrigste Stand seit Anfang April.

Gasbörse: THE 2025 fällt bis auf 35,72 €/MWh

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Entwicklung Erdgas-Terminkurse versus Spotmarkt (Stand: 14.10.24, Quelle: EEX, ISPEX Kompass)

Der Kurs für das Gas-Frontjahr, THE 2025, startet mit 41,26 €/MWh in den September. Zwei Wochen zuvor hatte die Notierung noch das diesjährige Maximum von 43,29 €/MWh erklommen. Am 4. September fällt THE 2025 erstmals seit Anfang August unter die Marke von 40 €/MWh. Damit sind Risikoaufschläge ausgepreist, die in Verbindung mit Ereignissen im Nahen Osten seit Anfang August entstanden waren.

Die Aussicht auf eine höhere AKW-Produktion in Frankreich – wie von EDF am 4. September kommuniziert – wirkt über den Strommarkt hinaus auch am Gasmarkt bearish, da weniger effiziente bzw. besonders hochpreisige Gaskraftwerke in Nordwesteuropa tendenziell seltener eingesetzt werden müssten.

Fünf Tage später verteuert sich THE 2025 bis auf rund 40 €/MWh, denn es liegt eine Hurrikan-Warnung für die US-Bundesstaaten Louisiana sowie Texas vor, wo sich die meisten LNG-Terminals des Landes befinden. So fährt z.B. das Terminal Cameron mit einer Kapazität von 15 Mio. t/a vorsorglich in Erwartung von ‚Francine‘ herunter. Doch das Unwetter verläuft glimpflich und die Gaspreise setzen die Abwärtsbewegung fort. THE 2025 fällt bis auf 36,90 €/MWh am 16. September.

Am darauffolgenden Tag erschüttern massenhafte Explosionen von Pager-Geräten den Libanon. Die Nervosität nimmt mit Blick auf die labile Lage in Nahost wieder zu. Innerhalb von nur einem Tag legt THE 2025 um 1,39 €/MWh bzw. 3,8 % zu.

Noch extremer ist die Preisentwicklung am 19. September: THE 2025 rutscht um 2,66 €/MWh respektive 6,9 % in die Tiefe und beendet den Handelstag mit 35,72 €/MWh, so niedrig wie seit Mitte Mai nicht mehr. Auslöser ist allerdings eine fehlerhafte Meldung, die Reuters von einer ukrainischen Zeitung übernimmt. Demnach hätten sich die Ukraine und Aserbaidschan auf ein Gastransitgeschäft ab dem kommenden Jahr geeinigt, das den auslaufenden Vertrag mit Russland ablösen würde. Tatsächlich sind die Parteien wohl willens, aber eine Einigung wurde noch nicht erzielt. THE 2025 gleicht die Verluste daraufhin wieder aus.

Gegen Ende des Monats spitzt sich die Situation zwischen Israel und dem Libanon weiter zu. Der Hisbollah-Chef wird getötet und am 30. September sollen erste Bodentruppen Israels die Grenze überschritten haben. THE 2025 beschließt den Monat mit 39,48 €/MWh. Im Monatsmittel kostet die Notierung mit 38,56 €/MWh rund 7,5 % weniger als noch im Vormonat. THE 2026 und THE 2027 geben um 5,3 % bzw. 3,7 % nach.

Im Oktober notiert das Gas-Frontjahr bislang seitwärts im Korridor von rund 39 bis 41 €/MWh. Damit bleibt die Notierung im Rahmen unserer Prognose vom 18.09.24 (s.u.) und die Spitzenwerte von mehr als 43 €/MWh von Mitte August bleiben vorerst unerreicht. Mit der Rückkehr der norwegischen Gasproduktion auf Normalniveau ab Anfang Oktober kommt es im Tagesverlauf öfter zu stärkeren Abwärtsbewegungen. Und nicht zuletzt der hohe EU-Gasspeicherstand von 95 % sorgt für Druck nach unten. Die angespannte Situation im Nahen Osten führt jedoch immer wieder zu Kurssteigerungen.

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ISPEX-Prognose Gas-Frontjahr vom 18. September 2024 (Stand: 14.10.24, Quelle: ISPEX Kompass)

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Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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