Energierecht: Baustellen zum Jahreswechsel

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Das Zerbrechen der Ampel-Koalition hat einige Gesetzesvorhaben im Parlament „stranden“ lassen. Ohne neue parlamentarische Mehrheiten wird der alte Rechtsstand fortbestehen. Dabei ist die politische Lage sehr unübersichtlich. Wir haben einen Blick auf einige ausstehende Gesetzesänderungen im Energiebereich für Unternehmen geworfen.

Keine festen Mehrheiten mehr

Mit dem Bruch der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP am 06.11.2024 gingen die Mehrheiten im Bundestag für die laufenden Gesetzesvorhaben verloren. Die FDP-Minister sind entlassen oder traten selbst zurück. Für alle Bundestagsbeschlüsse am 7.11.2024 und später ist die nun Restkoalition aus SPD und Grünen unter Führung des Bundeskanzlers Olaf Scholz auf die Unterstützung der Opposition angewiesen.

Trotz des Koalitionsbruchs trat Scholz nicht sofort zurück, sondern suchte Neuwahlen über eine verlorene Vertrauensfrage mit anschließender Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten. Scholz machte den Zeitpunkt für das Stellen der Vertrauensfrage von der Unterstützung der Unionsfraktion abhängig. Der Oppositionsführer Friedrich Merz verweigerte sich dem. Als Kompromiss verständigte man sich auf den 16.12.2024. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier signalisierte Entgegenkommen, sodass die vorgezogenen Neuwahlen voraussichtlich am 23.02.2025 stattfinden werden.

Die Regierung bleibt bis dahin regulär im Amt, d.h. nicht nur geschäftsführend, kann weiterhin Gesetzentwürfe beschließen und der Bundeskanzler übt die Richtlinienkompetenz aus. Eine Parlamentsmehrheit, um z.B. auch nur Anträge zur Geschäftsordnung durchzusetzen, hat sie nicht mehr.

Haushaltseinigung drängend

Ein übergreifendes Problem bei dieser Konstellation stellt die Verabschiedung der Haushaltsgesetze dar. Der Nachtragshaushalt 2024 steht noch aus. Die Ampel-Koalition konnte sich zu ihrem Ende hin nicht mehr einigen. Das Gesetz wurde zuletzt am 13.11.2024 im Bundestag in zweiter Lesung behandelt. Mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen und FDP wurde das Nachtragshaushaltsgesetz1 zurück in den Finanzausschuss überwiesen. Relevant ist die Verabschiedung u.a. aufgrund eines größeren Finanzierungsbedarfs aus dem KTF (Klima- und Transformationsfonds). Der Bundeszuschuss daraus für die Kompensation der abgeschafften EEG-Umlage wurde auf ursprünglich rund 10 Mrd. Euro veranschlagt. Der Bedarf wird nun auf 19,4 Mrd. Euro beziffert, bei um 1,6 Mrd. Euro geringeren Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung von 6,6 Mrd. Euro.

Der Bundeshaushalt für 2025 ist ebenfalls nicht verabschiedet. Das Haushaltsgesetz 2025 – HG 20252 wurde am 16.08.2024 inklusive Einzelplänen und Haushaltsbegleitgesetz 2025 in den Bundestag eingebracht. Die zweite Lesung hat der Haushaltsentwurf vor dem Ende der Koalition nicht mehr erreicht. Eine parteiübergreifende Mehrheit für die Aussetzung der Schuldenbremse ist nicht in Sicht, sodass die SPD-Vorhaben nicht mehr umsetzbar erschienen. Eine Einigung über Haushaltskürzungen schloss die SPD aus. Mit dem Stimmen aus SPD, CDU, Grünen und FDP wurden die abschließenden Haushaltsberatungen in der KW 46 gestrichen3. Im Zusammenhang dazu sprach Katja Mast (SPD) davon, dass im Dezember zwei volle Haushaltswochen geplant seien. Die CDU hatte mehrfach verlauten lassen, dass sie erst nach der Vertrauensfrage durch Kanzler Scholz zu Haushaltsverhandlungen bereit sei.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, ergeben sich vielfältige Folgen. Bis eine neue Regierung gebildet und arbeitsfähig ist, wird es voraussichtlich Ende März. Für Unternehmen könnte dies im Hinblick auf Förderprogramme problematisch werden. Auch eine etablierte Förderung wie die Strompreiskompensation steht unter dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel4. Die Beantragung läuft aber wie bekannt bis zum 30.06.2025. Unternehmen müssen sich anhand der „politischen Wetterlage“ für oder gegen einen Antrag entscheiden.

Enger Zeitplan

In der verbleibenden Zeit bis zur Winterpause liegen wenige (reguläre) Sitzungswochen des Bundestages. Es verbleiben die KW 49 und 51. Nicht zu vergessen ist, dass Gesetzesänderungen, auch wenn es sich um ein Einspruchsgesetz handelt, den Bundesrat passieren müssen. Dessen Plenarsitzungen sind 2024 noch am 22.11. und 20.12. Schließlich muss jedes Gesetz durch den Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Angesichts dieser zeitlichen Rahmenbedingungen ist es mehr als zweifelhaft, dass auf regulärem Wege Gesetze verabschiedet werden können.

Im Jahr 2025 liegen zwischen dem Ende Winterpause bis zum anvisierten Wahltag vier Sitzungswochen des Bundestages (KW 3, 5, 7, 8) und ein Plenartag des Bundesrates am 14.02.20255. Hier unter diesen Kräfteverhältnissen im Bundestag eine tragende Einigung besonders vor dem Hintergrund des Wahlkampfes zu erwarten, scheint unrealistisch. Die Länderkammer könnte zudem bei jedem Gesetz eine Verzögerung bis nach der Bundestagswahl erzwingen.

Gesetzesvorhaben

Im Folgenden finden Sie eine Auswahl zu den nicht abgeschlossenen Gesetzesänderungen der Ampel-Koalition.

Bitte beachten Sie: Die Zusammenstellung erfolgte mit Sorgfalt, allerdings können wir keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit geben. Zudem können durch kurzfristige politische Entwicklungen Änderungen eintreten. Stand der Betrachtung ist der 19.11.2024.

Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht

Betrifft:

  • Anlagenverklammerung und Anlagenbegriff
  • Entlastungen und Befreiungen bei Strom- und Energiesteuer
  • Stromspeicher
  • Elektromobilität

Ausführliche Darstellung unter: Novelle im Strom- und Energiesteuerrecht

Dieses Gesetz mit weitreichenden Folgen für viele Unternehmen insbesondere bei der Steuerentlastung im Energiebereich wurde am 18.10.2024 im Bundestag behandelt. Die 2./3. Lesung konnte noch durchgeführt werden. Danach musste mangels Anwesenheit der Abgeordneten die Beschlussunfähigkeit des Bundestages festgestellt werden. Der Folgetermin am 07.11.2024, um das Gesetz ohne weitere Aussprache zu beschließen, fiel dem Auseinanderbrechen der Regierungskoalition zum Opfer. Ein Ersatztermin ist bislang nicht bekannt. Hinweis: Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, die die Stromsteuerentlastung nach § 9b Abs. 2a StromStG in Anspruch nehmen, sind über die bestehende Regelung auch für 2025 abgesichert.

Einführung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung6

Betrifft:

  • Verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • bilanzrechtlich große sowie kleine oder mittelgroße kapitalmarktorientiert definierte Unternehmen

Mit dem Gesetz beabsichtigt die Bundesregierung die Anforderungen aus dem EU-Recht in nationales Recht umzusetzen. Der Entwurf wurde bereits am 26.09.2024 in erster Lesung durch den Bundestag behandelt und am 16.10.2024 im Rechtsausschuss einer Anhörung unterzogen. Die Pflicht zur Einführung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung wäre gemäß EU-Recht bereits bis 06.07.2024 umzusetzen gewesen. Ein weiterer Termin ist bislang nicht bekannt.

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes

Betrifft:

  • Gasspeicherumlage

Die Gasspeicherumlage (Umlagemechanismus nach § 35e EnWG) soll zukünftig nur noch auf inländische Entnahmestellen mit registrierender Leistungsmessung (RLM) und mit Standardlastprofil (SLP) und auf im Inland ausgespeiste Gasmengen erhoben werden. Die Regelung sollte ab 01.01.2025 gelten. Hintergrund ist, dass die Europäische Kommission in einem Prüfverfahren zur Auffassung gelangte, dass die Umlage-Berechnungsmethode nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Zudem werde der Gastransit durch Deutschland verteuert und mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten die Diversifikation ihrer Gasbezugsquellen erschwert. Der Gesetzentwurf wurde am 26.09.2024 in erster Lesung behandelt und in den federführenden Ausschuss verwiesen. Ein weiterer Termin ist nicht bekannt. Inwieweit sich die Abrechnung für die Gasspeicherumlage verändert, lässt sich noch nicht abschätzen. Eventuell gibt THE bei der Bekanntgabe der Gasspeicherumlage für das erste Halbjahr 2025 im November Hinweise.

Novelle des EDL-G7

Betrifft:

  • Energieaudit-Pflicht KMU
  • Erweiterte Audit-Anforderungen
  • Schwellenwerte im EnEfG

Ausführliche Darstellung unter: EDL-G: Entwurf für Novelle beschlossen

Der Gesetzentwurf wurde am 03.07.2024 in erster Lesung behandelt und anschließend an den federführenden Ausschuss verwiesen. Mit der Anhörung am 09.10.2024 im Ausschuss für Klimaschutz und Energie kam das Verfahren politisch zum Erliegen, ein weiterer Termin ist nicht bekannt. Wie sich die Handhabung der ausbleibenden Novelle auf die Verwaltungspraxis auswirkt, bleibt abzuwarten. Besonders betroffen sind Nicht-KMU, die aus der Energieaudit-Pflicht herausfallen würden und bei denen ein Wiederholungsaudit ansteht. Ebenso sind Unternehmen, die 2025 auditpflichtig geworden wären, gut beraten, die Gesetzgebung im Auge zu behalten. Entsprechendes gilt für den Umgang mit den angepassten Schwellenwerten aus dem EnEfG, d.h. bspw. 2,77 GWh p.a. statt 2,5 GWh p.a.

TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 20248

Betrifft:

  • Überführung des nEHS in den EU-ETS 2
  • CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM)

Dieses Gesetzesvorhaben wurde in den Bundestag eingebracht, aber noch nicht beraten. Mit dem Entwurf soll der Übergang des nationalen Brennstoffemissionshandels (nEHS) in den neuen Europäischen Emissionshandel (EU-ETS 2) geregelt werden. U.a. erfasst dieser die Sektoren Wärme und Verkehr. Daneben soll das Europäische CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) zur Verhinderung von Carbon Leakage in nationales Recht überführt werden.

Vorhaben für die neue Regierung

Betrifft:

  • Verlängerung KWKG
  • Solarpaket II

Neben Vorhaben, die bereits den Weg ins Parlament gefunden haben, wurden einige Projekte nur auf politischer Ebene diskutiert. Beispielsweise steht die Verlängerung des KWKG an. Das durch das BMWK im Frühjahr 2024 angekündigte Solarpaket II wurde nicht weiterverfolgt. Ob die neue Bundesregierung einen weiteren Versuch unternimmt, wird an der Ausrichtung der Energiewende ab 2025 ff. hängen.

Bildquelle:
Jürgen Matern / Wikimedia Commons.Lizenz: CC BY-SA 3.0


Fußnoten:
1 BT-Drs. 20/12770, 20/13337, 20/13439 Nr. 7
2 BT-Drs. 20/12400 inkl. EP
3 Textarchiv des Bundestages
4 Förderrichtlinie vom 13.03.2024, s. 1.2 Beihilfegewährung
5 Sitzungsplan Bundestag 2025
6 BT-Drs. 20/12787: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen.
7 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen, zur Änderung des Energieeffizienzgesetzes und zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes
8 BT-Drs. 20/13585: Gesetz zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes an die Änderung der Richtlinie 2003/87/EG (TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024)

 
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