Marktkommentar: Preisabschläge zum Jahresende

Nachdem sich die Energiepreise im November etwas gefestigt hatten, setzten die Börsenpreise für Strom und Gas im Dezember den Abwärtstrend fort. Wie bisher regelmäßig zum Jahreswechsel beobachtet werden konnte, gaben die Preise in der zweiten Monatshälfte deutlich nach. Dabei zeigte sich im Dezember ganz besonders, dass nicht immer von den Börsenpreisen auf die tatsächlich von Unternehmen erzielbaren Preise geschlossen werden kann. In dem Zusammenhang ist es unbedingt notwendig, beim Energieeinkauf auch den Einflüssen durch Markt und Wettbewerb Beachtung zu schenken.

Einkaufspreise für Strom entkoppelt von Börsenentwicklung

Betrachtet man die Börsenpreise der Stromprodukte an den Börsen lässt sich im Dezember eine kontinuierliche Abwärtsbewegung bis unter das Niveau im November feststellen. Damit wiederholt sich die Preisbewegung an den Strommärkten der vergangenen Jahre, die jeweils kurz vor der Jahreswende deutlich abwärts tendierte. Der in diesem Jahr besonders stark zu beobachte Verfall des Strompreises bestätigt erneut die Wechselwirkung zwischen Kohle- und Strompreis. Auch der Preis für Kohle fiel im Dezember nochmals deutlich und führte zu sinkenden Stromnotierungen auf Lieferjahrbasis.

ISPEX_Preischart_Strom_2015-01

Dennoch notiert der ISPEX-Strompreisindex für Dezember deutlich höher als noch im November. Damit erfüllte sich die im Marktkommentar unserer Dezemberausgabe 2014 erstellte Prognose, dass die im November gestiegenen Börsenpreise spätestens im Dezember zu einem höheren Einkaufsniveau für Jahreskontrakte beim Strom führen.

Diese Entwicklung war bereits im Vorjahr zu beobachten und ist vor allem mit den Besonderheiten von Jahreswechsel und Vorweihnachtszeit zu erklären. Tatsächlich beschafften Unternehmen angesichts des bevorstehenden Jahreswechsels und der allgemein herrschenden Urlaubszeit nur bis Mitte Dezember. Die Abwärtsbewegung in der zweiten Monatshälfte für die getätigten Abschlüsse von Stromlieferverträgen ist daher nahezu vollständig vernachlässigbar. Schließlich zeigt sich beim Einkauf im Dezember kaum noch Wettbewerbsdruck. Während die Vertriebsabteilungen der Stromanbieter im Frühjahr besonders bemüht sind, Kunden zu gewinnen, ist im Dezember regelmäßig zu beobachten, dass die Vertriebsaktivitäten deutlich weniger ambitioniert ausfallen. Der schwächere Wettbewerb schlägt sich bei Preisanfragen und Ausschreibungen nieder und für Strompreise werden weniger preisaggressive Angebote abgegeben.

ISPEX_Strompreisindex_Dezember-2014

Die weitere Entwicklung der Strompreise ist kaum vorhersehbar. Stimmen, die eine Bodenbildung oder feste Preise prognostizieren, stützen sich eher auf Methoden der Chartanalyse und theoretische Prognosemodelle. In der Praxis sind aber keine aktuellen Anzeichen dafür zu finden, dass der Strompreis deutlich steigen könnte. Gerade die Korrelation mit dem Kohlepreis und dessen derzeitige Entwicklung sprechen für eine eher schwächere Notierung. Währungseffekte schwächen die Entwicklung allerdings leicht ab: Kohle wird international in USD gehandelt, der im Vergleich zum EUR fester notiert und den Kohlepreis in EUR entsprechend stützt. Dramatische Entwicklungen auf dem Strommarkt sind insofern eher unwahrscheinlich.

Unternehmen müssen sich nun fragen, ob sie darauf setzen, dass der Strompreis eventuell weiter nachgibt oder ob sie den im Frühjahr traditionell starken Wettbewerb der Lieferanten um Stromkunden nutzen. Erfahrungsgemäß können gerade im Frühjahr besonders gute Ergebnisse bei Ausschreibungen und Auktionen erzielt werden. Das ist vor allem für diejenigen Unternehmen bzw. deren Einkäufer interessant, welche feste Budgets erstellen und Kalkulationssicherheit anstreben.

 

Gaspreis erneut stark gefallen

Die im November vorherrschende Phase der Stabilisierung des Gaspreises an den Großhandelsmärkten wurde im Dezember von einer starken Abwärtsbewegung abgelöst. Insbesondere nach Weihnachten erlebte der Gaspreis bei den Jahreskontrakten einen deutlichen Abschlag, was nicht zuletzt auf die urlaubsbedingte schwache Nachfrage nach Jahresprodukten zurückzuführen ist.

ISPEX_Preischart_Gas_2015-01

Ähnlich wie beim Stromeinkauf war auch beim Gaseinkauf im Dezember ein schwächerer Wettbewerbsdruck zu verspüren. Aufgrund der noch häufig vorhandenen Kopplung der Vertragslaufzeiten an das Gaslieferjahr (beginnend mit Oktober) fällt dieser Effekt jedoch nicht so stark wie beim Stromeinkauf aus. Allerdings überwiegen die erneut deutlich gefallenen Gaspreise an den Großhandelsmärkten, so dass die gebotenen Gaspreise auch ohne starken Wettbewerbsdruck unter denen des Vormonats lagen und der Einkäuferindex für den Gaspreis nochmals nachgab. Dieser fiel von 2,50 ct/kWh im November auf nunmehr 2,42 ct/kWh im Dezember und erreichte damit ein neues historisches Tief.

ISPEX_Gaspreisindex_Dezember-2014

Für kurzfristig steigende Preise bei Jahreslieferungen sehen die Energieexperten derzeit keine Anzeichen. Die gängigen theoretischen Prognosemodelle und die Entwicklungen auf den Weltmärkten für die Rohstoffe Kohle und Öl sprechen dafür, dass weitere Preisabschläge beim Gas möglich sind. Allerdings gelten diese Prognosen nur für Jahreskontrakte. Hinsichtlich kurzfristiger Lieferungen für die Frontmonate und das Frontquartal wird überwiegend von Preiserholungen ausgegangen. In diesem Spannungsfeld zeigt sich besonders stark, wie wichtig die Wahl einer Beschaffungsstrategie und gezielte Marktbeobachtung auch für Energieprodukte sind.

 

Haftungsausschluss

Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.