Russisches Gas: Abhängigkeit deutscher Unternehmen steigt

Der vor kurzem veröffentlichte Jahresbericht des russischen Energielieferanten Gazprom zeigt: Deutschland ist größter Abnehmer russischen Gases in Westeuropa – Tendenz steigend. Deutsche Unternehmen sind demnach zunehmend von russischen Gasimporten abhängig.

2014 lieferte Gazprom rund 12 Prozent mehr Gas nach Deutschland als im Vorjahr. Aktuelle Zahlen deuten darauf hin, dass sich diese Entwicklung noch verstärkt. 68 Prozent mehr Gas bezogen deutsche Unternehmen im Mai 2015 von Gazprom als im Mai 2014. In Anbetracht der sinkenden Gasproduktion in Westeuropa wird die Abhängigkeit weiter steigen. Da Gazprom als verdeckter Vorlieferant für die beim Kunden präsenten Gaslieferanten operiert, bleibt dieser Effekt für die Unternehmen in der Regel unbemerkt.

Russische Gasexporte stärken Transitländer

Seit Beginn der politischen Unruhen in der Ukraine wird diskutiert, welche Rolle die Ukraine als Transitland für russisches Gas für die Versorgung Westeuropas spielt. Inzwischen hat Gazprom offiziell bekannt gegeben, die Transitverträge mit der Ukraine nach deren Auslaufen im Jahr 2019 nicht mehr verlängern zu wollen.

In Planung ist bereits eine neue Pipeline durch das Schwarze Meer mit höherer Transportkapazität. Diese soll direkt in die Türkei – als Gazproms zweitwichtigstem Auslandskunden im europäischen Bereich – führen und die Belieferung anderer europäischer Staaten sichern. Damit spielt die Türkei, aber möglicherweise auch Griechenland, eine neue, stärkere Rolle als Transitland für russische Gaslieferungen nach Europa. Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf den Zusammenhang zwischen europäischer Außenpolitik und Gaspreisen haben wird, bleibt abzuwarten. Bestimmt der Gaspreis zukünftig stärker die Politik oder wird politischen Entscheidungen zunehmend Einfluss auf den Gaspreis eingeräumt? Noch sind die Gaspreise für deutsche Unternehmen günstig. Im Mai lag der ISPEX-Gaspreisindex für Industrie und Gewerbe mit 2,35 ct/kWh deutlich unter Vorjahresniveau.

Weitere Informationen zur Entwicklung der Marktpreise für Strom und Gas liefert unser monatlicher ISPEX-Energiepreisindex. Die Ausgabe vom 2. Juni finden Sie hier.

 

 

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