Atomstrom: Deutscher Sonderweg?

In Deutschland wird Atomenergie spätestens seit der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima skeptischer denn je gesehen. Die Ablehnung wächst, ebenso wie das Umweltbewusstsein. Der Ausstieg aus der Kernkraft ist beschlossene Sache – für Abbau, Endlagerung und Entsorgung werden aber noch unzählige Generationen zahlen müssen, hinzu kommen Gefahren und Probleme rund um alte Brennstäbe und weitere radioaktive Materialien. Die Kosten sind kaum absehbar. Doch in zahlreichen anderen Ländern boomt die Atomkraft, neue Kraftwerke werden gebaut, teils mit enormen Risiken.

Nur wenige Jahre nach Fukushima kehrt Japan zur Atomenergie zurück – ein Weg, über den in Deutschland Verständnislosigkeit und Ratlosigkeit herrschen. In der Türkei, Argentinien, China und Iran sind Kraftwerke im Bau oder in der Planung, die teils in erdbebengefährdeten Gebieten liegen. Russland, Saudi-Arabien und Argentinien schmieden neue Allianzen, um die Atomenergie zu stärken und auszubauen. Aber auch in mehreren deutschen Nachbarländern wird an der Kernkraft festgehalten. In Deutschland sträuben sich die Betreiber der aktiven Meiler nach wie vor heftig gegen die drohende Abschaltung. Sie befürchten Milliardenverluste und fordern von der Politik eine Sozialisierung der Kosten (Ispex berichtete).

Die Energiewende und vor allem die Abkehr vom Atomstrom muten bisweilen wie ein deutscher Sonderweg an, dem kaum andere Staaten so recht folgen wollen. Ob sich die immer wieder optimierten Energie- und Klimaziele von Vereinten Nationen und EU so tatsächlich erfüllen lassen, ist längst noch nicht absehbar, auch wenn Deutschland auf einem guten Weg ist.

Laut WDR ist die Atomenergie längst ein Milliardengrab, weltweit summieren sich die Kosten für Schäden, Unfälle, Fehlinvestitionen, Altlasten etc. demnach auf über eine Billion Dollar – und ein Ende ist kaum absehbar. Die Welt kann sich Atomenergie faktisch nicht leisten. Es gilt, eine weitere Verschärfung der Situation zu verhindern – schon aus der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.

Zwar ist laut der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) mit Sitz in Wien die Gesamtzahl der am Netz befindlichen Reaktoren gesunken – es werden aber weitere gebaut und in Betrieb genommen. In Deutschland hat der Atomstrom noch einen Anteil von rund 14% im gesamten Strommix, weniger als halb so viel wie die Erneuerbaren Energien. Bislang ist die deutsche Energiewende, trotz einiger Rückschläge und Probleme, eine Erfolgsgeschichte. Die globale Situation sieht aber (noch) anders aus. Zwar wächst der Anteil der Erneuerbaren allerorts, mit dem Ausstieg aus Atom- und fossiler Energie tun sich viele Länder aber noch schwer, oft auch aufgrund des Drucks, den die Betreiber ausüben.