Gasmangellage: Update Entwicklungen seit März

Die Liefersituation von Gas aus Russland bleibt nach wie vor hoch angespannt. Seit dem 30. März gilt die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas. Die Politik hat angesichts der drohenden Lieferengpässe seitdem weitere Schritte unternommen, um eine Versorgungsunterbrechung zu handhaben.

BNetzA: Lastverteilung Gas – Handlungsoptionen

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hatte eine Datenabfrage bei großen Gasabnehmern durchgeführt. Am 17. Mai veröffentlichte die Behörde, die im Notfall als Bundeslastverteiler fungiert, das Papier „Lastverteilung Gas – Handlungsoptionen, Abwägungsentscheidung, situationsbedingtes Handeln“.

Darin skizziert die BNetzA wie die von den Fernleitungsnetzbetreibern gemeldeten und von der Energiewirtschaft nicht selbst zu behebenden Engpasszonen aufgelöst werden können. Diese Darlegung stellt keine rechtsverbindliche Vorgehensweise der BNetzA dar, auf die sich betroffene Unternehmen berufen können. Es handelt sich vielmehr um grundlegende Überlegungen, die im Dialog mit den Stakeholdern entwickelt wurden und fortentwickelt werden. Für Unternehmen lohnt dennoch ein Blick in das Papier, um einen Eindruck von den dahinterstehenden Überlegungen zu gewinnen und mögliche Maßnahmen abschätzen zu können.

Aus der umfangreichen Liste seien hier schlaglichtartig Beispiele genannt.

Im Bereich der aufgeführten Handlungsoptionen ist die Reduktion der Nachfrage durch Anordnung einer Substitution von Erdgas bei nicht-geschützten Letztverbrauchern ≤ 10 MWh/h im Wege der Allgemeinverfügung möglich oder die Anordnung einer Gasverbrauchsreduktion bei nicht-geschützten Letztverbrauchern ≤10 MWh/h im Wege der Allgemeinverfügung (ratierliche, branchen- und engpassspezifische Versorgungsreduktion).

In Kapitel Abwägungsentscheidungen für Maßnahmen führt die BNetzA perspektivisch zu berücksichtigende Kriterien auf. Beispielsweise die Dringlichkeit der Maßnahme in Abhängigkeit zur Ausprägung der Gasmangelsituation, die Größe der Anlage und deren Wirkung einer Gasversorgungsreduktion sowie zu erwartende (volks-/betriebs-) wirtschaftliche Schäden.

Bei den Überlegungen zum situationsbedingten Behandeln unterstreicht die BNetzA nochmals, dass es keine feste Abschaltreihenfolge in Bezug auf einzelne Verbraucher oder Branchen geben kann. Zudem stellt die BNetzA klar, eher zu einem vorsichtigen Umgang mit (Gasspeicher)Reserven zu tendieren. Vorstellbare Maßnahmen mit Abstufung werden im Papier genannt, z.B. Anordnung einer Gasverbrauchsreduktion bei nicht systemrelevanten Kraftwerken oder die Anordnung einer Gasverbrauchsreduktion bei nicht-geschützten Kunden.

>> Papier der Bundesnetzagentur Lastverteilung Gas (PDF)

LNG Beschleunigungsgesetz

Am 19. Mai hat der Bundestag das Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases
(LNG-Beschleunigungsgesetz – LNGG) verabschiedet. Der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Entwurf wurde auf Basis der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie beschlossen.

Das Gesetz hat zum Ziel, die Verfahren zur Zulassung der Errichtung und des Betriebs von festen und schwimmenden Flüssiggasterminals sowie des Baus der erforderlichen Anbindungsleitungen zum Gasversorgungsnetz zu beschleunigen. Beispielsweise werden vergaberechtliche Verfahren verkürzt.

>> Textarchiv des Deutschen Bundestages

Gasspeicherbefüllungsverordnung

Am 1. Juni trat die Verordnung zur Zurverfügungstellung unterbrechbarer Speicherkapazitäten zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit (Gasspeicherbefüllungsverordnung – GasSpBefüllV) in Kraft. Die Ministerverordnung des BMWK basiert auf dem sogenannten Gasspeichergesetz (Änderung EnWG) und erlaubt bei niedrigen Gasspeicherständen Eingriffe, die die Befüllung sicherstellen sollen.

Die erste Anwendung wird im Fall des Gasspeichers Rehden erfolgen. Dieser ist Eigentum der Gazprom-Germania Gruppe. Seit April steht die Gazprom Germania unter Treuhandverwaltung der BNetzA. Die bislang an die russische Gazprom Export vermarkteten Speicherkapazitäten wurden bereits gekündigt. Der Marktgebietsverantwortliche kann nun unter den Bedingungen der GasSpBefüllV Erdgas beschaffen und einspeichern, um die Füllstandanforderungen des Gasspeichergesetzes umzusetzen.

>> Gasspeicherbefüllungsverordnung – GasSpBefüllV (PDF)

>> Faktenpapier Gasspeichergesetz

Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz

Am 8. Juni hat das Bundeskabinett eine Formulierungshilfe für den Entwurf eines Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes* verabschiedet. Das Gesetz zielt darauf ab, im Falle einer Gasmangellage die Verstromung von Erdgas zu reduzieren. Dazu soll eine bis Ende März 2024 befristete Gasersatzreserve in Form von bereitstehenden Kohle- und Ölkraftwerke eingerichtet werden. Begleitend soll eine Verordnungsermächtigung ermöglichen, im Krisenfall den Einsatz von Gaskraftwerken sehr schnell und für die Dauer von maximal sechs Monaten zu verringern. Beispielsweise soll die Gasverstromung mit einer Pönale belegt werden. Für die Fernwärmeversorgung auf Basis von Gas, sofern der Brennstoff nicht zu ersetzen ist, sollen Ausnahmen geschaffen werden.

Die Formulierungshilfe wird den Regierungsfraktionen im Bundestag zugeleitet.

>> Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (PDF)

*Entwurf eines Gesetzes zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften

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Andreas Seegers

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