Ölpreis stürzt ab

Lange Zeit galt es als ausgemacht, dass der Ölpreis nur noch eine Richtung kennen würde: aufwärts. Jetzt fällt er rasant. Und mit ihm die Preise für Erdgas, die an den Ölpreis gekoppelt sind. Inzwischen liegt der Preis pro Barrel nur noch bei knapp 60 Dollar. Ausgangspunkt waren rund 115 Dollar im Sommer.

Das sorgt für einige Verwunderung. Denn üblicherweise kennt man es, dass politische und militärische Krisen in den Förderländern den Preis eher steigen als sinken lassen. Und Krisen gibt es derzeit im Übermaß, von der Ukraine-Krise bis zur instabilen Lage im vom Islamischen Staat (IS) belagerten Irak. Doch hier liegt bereits eine der Ursachen für die Preisschwankungen. Der IS verkauft das irakische Öl zu Schleuderpreisen von mitunter weniger als 30 Dollar pro Barrel. Einer der Hauptabnehmer ist die Türkei. Diese Preise bringen die anderen, auch wenn das noch keiner laut ausspricht, weil niemand offen zugibt, mit der Terrormiliz Handel zu treiben, in Bedrängnis. Außerdem ist mehr Öl auf dem Markt, nicht zuletzt seitdem auch die USA ihre Fördermengen massiv ausgeweitet haben – was ebenfalls auf amerikanisches Erdgas zutrifft. Und auch Kanada will seine Erdölförderung ausbauen. In absehbarer Zeit dürfte auch Iran wieder stärker in den Weltmarkt einsteigen, denn dass die Sanktionen sich nicht dauerhaft werden halten lassen, ist klar. Ob die OPEC bei derartigen Ölmengen am Markt überhaupt noch regulierend wird eingreifen können, wird von zahlreichen Beobachtern bezweifelt.

Zuletzt hatte die OPEC Anfang Dezember eine Regulierung zur Stabilisierung der Preise abgelehnt, nachdem Iran und Venzuela einen Antrag gestellt hatten. Das berichtet das Handelsblatt. Iran befindet sich, unter anderem aufgrund der westlichen Sanktionen, in einer wirtschaftlichen Dauerkrise, die Binnenwirtschaft ächzt unter einer Inflationsrate von fast 20%. Früher hatte vor allem Saudi-Arabien als einer der weltgrößten Ölexporteure stets auf Regulierung gepocht, hält sich diesmal aber zurück. Grund dafür ist wahrscheinlich die Absicht, Iran zu schaden, das in der Region nicht nur wirtschaftlich, sondern auch aufgrund seiner einflussreichen politischen Lage eine Konkurrenz für Saudi-Arabien ist, wenn es darum geht, den eigenen Einfluss auf die Nachbarländer auszuweiten.

Auch die russische Wirtschaft wird vom Ölpreisverfall massiv in Mitleidenschaft gezogen, da Russland auf den Export von Öl und Erdgas angewiesen ist. In Kombination mit den Sanktionen im Ukraine-Konflikt stürzte zuletzt der Rubel ab. Im Laufe des Jahres verlor die russische Währung rund 30% an Wert. Die immer mal wieder medial geäußerte Theorie, dass die Partner USA und Saudi-Arabien damit ihren Konkurrenten Russland und Iran schaden wollen, klingt zwar auf den ersten Blick plausibel, lässt aber außer Acht, dass ein nachhaltiger Preisverfall früher oder später die gesamte Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen könnte.

Noch allerdings werden vor allem die positiven Effekte gesehen, die der niedrige Öl- und Gaspreis für jene Länder mit sich bringt, die nicht vom Export der fossilen Energieträger abhängig sind, darunter auch Deutschland. Klar: Jeder, der große Mengen Öl und Gas verbraucht, profitiert jetzt von den Niedrigpreisen. Theoretisch könnte das auch für Endverbraucher zutreffen, die beispielsweise mit Gas heizen. Doch nur wenige Anbieter passen ihre Preise nach unten an, punktuell gibt es 2015 sogar Verteuerungen.