Energiemarkt-Kommentar: Geopolitik hält Kurse auf hohem Niveau

ISPEX, Energiemarkt, Kommentar, Strom, Gas, Erdgas, Februar 2022

Während die Wetterbedingungen derzeit eher für fallende Kurse sprechen, sorgt die Konfliktlage im Osten Europas für eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung bei den Strom- und Gaskursen. Eine Rückkehr zur Normalität an den Energiemärkten ist derzeit nicht abzusehen.

Strombörse: Base 2023 – Kontrakt mit neuem Rekord von 145 €/MWh

Preisentwicklung Strom Phelix Base und Peak für das Jahr 2023 (Quelle: EEX)

Strompreis, Beschaffung, Unternehmen, Strom, Preis, Börse, Februar 2022

Der Auftakt in das neue Jahr beginnt mit schlechten Nachrichten: Die Gasimporte aus Russland über Polen und die Ukraine fallen auf ein historisches Tief. Obendrein verhängt die Regierung Indonesiens Exportbeschränkungen bei Steinkohle, um die eigene Stromversorgung zu sichern – eine Entscheidung mit weltweiten Folgen für die Kohlepreise. So startet der deutsche Stromkurs für die Grundlast zur Lieferung im Frontjahr (Base 2023) am 3. Januar mit 121,63 €/MWh und steigt infolge der negativen Meldungen am 4. Januar sogleich auf ein vorläufiges Hoch von 139,88 €/MWh. Doch das milde Wetter sowie die sehr gute Versorgung Europas mit Flüssigerdgas sorgen für fallende Strompreise bis zur Monatsmitte. Am 17. Januar erreicht Base 2023 mit 114,17 €/MWh den tiefsten Stand seit Anfang Dezember. Obwohl die günstigen Bedingungen weiterhin gelten, führt die geopolitische Konfliktlage um Russland und die Ukraine in der zweiten Monatshälfte zu stetigen Kursgewinnen. Am 28. Januar klettert Base 2023 auf 145,00 €/MWh und übertrifft damit sogar noch den bisherigen Kursrekord vom 21. Dezember. Nur wenig schwächer beschließt die Notierung den Monat mit 142,50 €/MWh.

Im Mittel kostet Base 2023 im Januar 126,80 €/MWh, ein Plus von gut 5 % gegenüber dem Vormonat. Base 2024 legt um 4,1 % zu. Die Notierung für das Jahr 2025 kostet 3,0 % mehr.

Gasbörse: THE 2023 mit Plus von 20 % im Monatsverlauf Januar

Preisentwicklung Erdgas THE (NCG bis 30.09.21) für das Jahr 2023 (Quelle: EEX)

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Am Gasmarkt steigt THE 2023 in den ersten Tagen des neuen Jahres ausgehend von 45,74 €/MWh zügig auf einen vorläufigen Hochpunkt von 51,20 €/MWh am 6. Januar. Milde Temperaturen und ein hohes Windaufkommen drücken den Kurs bis auf das Monatsminimum von 43,28 €/MWh am 19. Januar. Die Konfliktlage rund um Russland und die Ukraine ist zu dieser Zeit zwar keineswegs neu, doch die Möglichkeit einer umfassenden Invasion der Ukraine wird in der breiten Öffentlichkeit verstärkt diskutiert – die Nervosität greift auf die Energiemärkte über. In einer steilen Aufwärtsbewegung verteuert sich THE 2023 bis auf das Monatsmaximum von 56,74 €/MWh am 28. Januar. Der letzte Schlusskurs der Notierung im Monat Januar beträgt 54,96 €/MWh.

Im Vergleich zum Dezember steigt THE 2023 im Mittel um 6,1 %. Das Folgejahr THE 2024 legt im Durchschnitt um 8,9 % gegenüber dem Vormonat zu. Bei THE 2025 beträgt das Plus rund 7,9 %.

Ausblick: Kriegsgefahr in Osteuropa bedeutet maximale Unsicherheit

Seit Anfang Februar pendeln die Kurse für Industriestrom und Erdgas auf einem hohen Niveau. Base 2023 rangiert zuletzt zwischen 131,00 €/MWh und 145,72 €/MWh. Der Gaskurs THE 2023 notiert im Bereich von 50,77 €/MWh und 56,50 €/MWh. Abgesehen von der geopolitischen Lage sorgt eine Reihe von Wartungsverlängerungen bei französischen Kernkraftwerken für Auftrieb bei Strom und Gas.

Betrachtet man die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen im engeren Sinn, dann könnte eine vorläufige Zusammenfassung mit Blick auf die bisherige Winterzeit lauten: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“. Ungewöhnlich milde Temperaturen, viel Wind und Flüssiggasimporte auf Rekordniveau haben die Versorgungslage mit Strom und Wärme ganz erheblich entspannt. Doch die Erdgaskrise ist damit nicht überwunden. Hohe Kurse sollten unter normalen Marktbedingungen dazu führen, dass die Anbieter ihre Angebotsmengen erhöhen. Doch offenbar ist die Beziehung der EU zu Russland aktuell nur nachrangig wirtschaftlicher Art. Denn die Importmengen ex Russland bewegen sich auf Rekordtiefstand und bereits seit mehr als fünf Monaten bietet Gazprom keine Liefermengen mehr über die eigene Auktionsplattform zum Verkauf an.

Einspeisung von Flüssigerdgas (LNG) in das Gasnetz der EU (Quelle: GIE)

Einspeisung LNG, EU, Gasnetz, Januar 2022

Noch gravierender für die Märkte ist die befürchtete Invasion bzw. die absehbare Spirale aus Sanktionen und Gegensanktionen seitens der NATO-Staaten sowie Russlands. Diese bedroht die Versorgung Westeuropas mit Erdgas, denn LNG kann das Pipeline-Gas kaum vollständig ersetzen. Zumal in Nordostasien die LNG-Nachfrage früher oder später wieder anziehen wird. Das derzeitig ausgesprochen hohe Niveau der Einspeisung regasifizierten Flüssiggases in das Gasnetz der EU wird daher nicht auf Dauer zu halten sein.

Erst mit einer weitgehenden Beilegung des Konflikts um die Ukraine ist mit stark fallenden Kursen zu rechnen. Dabei ist zu bedenken, dass es bereits zu Sanktionen kommen kann, falls Russland – ganz ohne Waffengewalt – die Separatistengebiete im Osten der Ukraine offiziell vereinnahmen sollte. Bis zu einer politischen Stabilisierung bleibt das Aufwärtsrisiko bei Strom und Gas unberechenbar hoch. Nicht in Gänze auszuschließen ist darüber hinaus ein verspäteter Kälteeinbruch im März, der kurz vor Ende der Heizperiode die Gasvorräte auf ein kritisches Niveau drückt.

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Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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