Energiemarkt-Kommentar: Anstieg der Energiepreise zu erwarten

ISPEX Energiemarkt-Kommentar 08 2017

Die Energiepreise blieben im Juli für gewerbliche Kunden nahezu auf dem Niveau des Vormonats. Lediglich die Gaspreise gingen leicht zurück. Noch gaben die Energielieferanten die an den Börsen derzeit steigenden Preise noch nicht in vollem Umfang an die Kunden weiter. Entsprechend stabil zeigte sich der von ISPEX monatlich ermittelte Energiepreisindex für Juli. Der August wird die Börsenpreisentwicklung auf dem Endkundenmarkt spürbar machen. Insgesamt wird am Energiemarkt deshalb in den kommenden Wochen ein Anstieg der angebotenen Preise für Strom und Gas erwartet.

Strompreis an den Börsen im Juli auf höherem Niveau

Die Stromnotierungen an den Energiebörsen hielten sich im Juni auf einem durchgehend höheren Niveau. Sie setzten die Ende Mai erreichten Preise fort und legten in Teilen sogar etwas zu.

Entwicklung der Großhandelspreise für Strom

ISPEX Preischart Strom 2017 07

Diese Entwicklung kommt nicht überraschend und wurde an dieser Stelle bereits im letzten Monat erwartet. Mit Ausnahme der im Mai nachgebenden Preise verzeichnen die Jahrespreise für Stromlieferungen an den Börsen nun bereits seit März kontinuierlich leicht steigende Preise. Die aktuellen Preisanstiege dürften vor allem auf die seit Mai zwar schwankenden, letztlich aber doch deutlich steigenden Kohlepreise auf dem Weltmarkt zurückzuführen sein. Diese sind nach wie vor die wichtigsten Preisindikatoren für den Strompreis im europäischen Raum.

Unverändert zeigen sich die Preisunterschiede zwischen dem Frontjahr 2018 und den weiter entfernten Lieferjahren. Das Frontjahr liegt nach wie vor rund zwei Euro je Megawattstunde über den Folgejahren, was einem Preisaufschlag von etwa 0,2 ct/kWh auf den reinen Börsenbeschaffungspreis entspricht. Üblicherweise werden im Markt darüber hinaus auf die entfernteren Lieferjahre zusätzliche Risikozuschläge aufgeschlagen.

Am Energiemarkt wird vor allem angesichts des allgemein steigenden Preisniveaus bei Kohle und Erdöl überwiegend mit weiter leicht steigenden Preisen gerechnet. Tatsächlich sprechen mehr Gründe für diese Entwicklung als für ein kurzfristiges deutliches Nachgeben der Preise.

ISPEX-Energiepreisindex: Strompreisniveau noch stabil

Trotz der gestiegenen Börsenpreise blieben die Angebote für Gewerbe- und Industriestrom im Juli stabil. Diese lagen wie schon im Juni bei durchschnittlich 3,31 ct/kWh. Das ergab der ISPEX-Energiepreisindex nach Auswertung der im Juli durchgeführten Ausschreibungen für die Belieferung mit Strom für die kommenden Jahre.

ISPEX Strompreisindex Juli-2017

Betrachtet man den Monatsdurchschnitt, lasst sich also folgern, dass die Energielieferanten noch nicht auf die gestiegenen Börsenpreise reagiert und diese an die Unternehmenskunden weitergegeben haben. Allerdings deutete sich gegen Ende des Monats bereits ein Anstieg der Preise an. Bleiben die Börsenpreise auf dem nunmehr erreichten Niveau oder steigen wie allgemein erwartet sogar noch an, dürften auch die angebotenen Energielieferpreise für die Endkunden aus Industrie und Gewerbe steigen. Für den August stehen die Zeichen also auf einen Anstieg des Energiepreisindex.

Für Unternehmen stellt sich damit wie so oft die Frage, ob sie nun einen Energieliefervertrag für die kommenden Jahre abschließen sollen oder doch auf wieder fallende Preise zum Jahresende setzen sollen. Angesichts der derzeitigen Marktentwicklung erscheint die vage Hoffnung auf wieder fallende Preise wie ein reines Glücksspiel. Wer auf Nummer sicher gehen will, schließt zu den aktuellen Konditionen einen eher kurz laufenden Vertrag ab und beobachtet den Markt für die Strompreise. Für Großunternehmen muss einmal mehr betont werden, dass der Abschluss eines Rahmenvertrags mit der Möglichkeit, einzelne Tranchen einzukaufen und damit das Risiko zu streuen, aktuell das adäquate Mittel für einen zeitgemäßen Einkauf im Energiemanagement ist (mehr dazu unter Energiebeschaffung).

Auch Erdgas vor der Trendwende zu steigenden Preisen?

Seit Anfang des Jahres sind fallende Gaspreise an den Handelsplätzen zu beobachten. Diese Bewegung hatte im Juli nun weitestgehend ein Ende.

Entwicklung der Großhandelspreise für Erdgas

ISPEX Preischart Gas 2017 07

Inwieweit der gestoppte Abwärtstrend nun eine Umkehr hin zu nun wieder steigenden Preisen bedeutet, kann natürlich nicht verlässlich vorhergesagt werden. Allerdings äußern sich einige Stimmen am Energiemarkt in Richtung steigender Notierungen in den kommenden Wochen. Dafür sprechen in der Tat einige Indikatoren.

Wie die Kohlepreise, die schon den Strompreis stützen, steigen seit geraumer Zeit auch wieder die Preise für Erdöl. Saudi-Arabien hatte eine Kürzung der Fördermenge angekündigt und diese Bewegung damit unterstützt. Auch tragen sinkende Lagerbestände in den USA zu einem weiter steigenden Rohölpreis bei. Im Zuge dieser allgemeinen Preisanstiege für Primärenergieträger werden auch die Gaspreise gestützt. Mangels anderer, dieser Entwicklung entgegenlaufender Rahmenbedingungen, sollte sich der Gaspreis auch in den kommenden Wochen an diesen Preisen orientieren. Da hier eine stabile Lage mit sogar etwas weiter steigenden Preisen erwartet wird, sind ebenfalls stabile, gegebenenfalls sogar wieder steigende Gaspreise an den Börsen wahrscheinlicher als die Fortsetzung des Trends mit fallenden Preisen.

ISPEX-Energiepreisindex: Gaspreise für Unternehmen mit geringem Abschlag

Sowohl an der Börse als auch im Endkundenmarkt fielen die Gaspreise tendenziell über die letzten Monate hinweg. Dieser Trend setzte sich im Juli nochmals fort. Die angebotenen Preise lagen bei durchschnittlich 1,70 ct/kWh und damit kaum merklich mit 0,02 ct/kWh unter dem Vormonatswert.

ISPEX Gaspreisindex Juli-2017

Die Beschaffungssituation für Gas bleibt im Vergleich zum Jahresbeginn konstant günstig. Nur zu Beginn des laufenden Jahres lagen die Preise über den aktuellen Angeboten. Dennoch müssen Unternehmen derzeit nach wie vor Preisaufschläge im Vergleich zum Vorjahr in Kauf nehmen. Damals lag das allgemeine Preisniveau noch unter den gegenwärtigen Konditionen.

Viele Unternehmen verschieben den Abschluss neuer Energielieferverträge deshalb immer weiter nach hinten, da sie von neuen Verträgen immer noch günstigere Preise und damit substantielle Einsparungen erwarten. Das ist jedoch ein Trugschluss. Maßgeblich für die jeweils gebotenen Preise sind allen voran die Einkaufsbedingungen für die Lieferanten an den europäischen Handelsplätzen. Steigen dort die Preise, geben die Lieferanten das an die Kunden weiter. Hat ein Kunde bereits optimiert und seine Bezugskonditionen einem marktgerechten Niveau angepasst, muss er bei steigenden Börsenpreisen auch schlechtere Konditionen für die Energiebelieferung hinnehmen.

In Zeiten fallender Märkte spielt das Zuwarten einem Kunden zwar in die Karten, kann aber schnell zu Problemen führen, wenn der Markt nicht beobachtet wird. Genau das könnte dieses Jahr einigen Gaskunden zum Verhängnis werden. In Erwartung nochmaliger Einsparungen setzen aktuell einige Kunden auf nochmals fallende Preise, da die Preise (noch) immer über denen des Vorjahres liegen. Mit den Vorzeichen auf wieder steigende Preise ist es aber durchaus wahrscheinlich, dass das Niveau des letzten Jahres auch in den kommenden Wochen nicht erreicht wird. Wahrscheinlicher scheint ein Preisanstieg in den kommenden Monaten. Soll nun Gas für das kommende Jahr beschafft werden, hat man als Kunde keine Wahl und muss zu den gestiegenen Preisen einkaufen. Insofern sollte gegenwärtig der Abschluss eines Gasliefervertrages zumindest für das kommende Jahr erwogen werden.

 

Haftungsausschluss

Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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