Energiemarkt-Kommentar: Strom auf Vorkriegsniveau

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Entscheidend für die Preisentwicklung im Dezember bleibt die gute Gasversorgungslage. Die Kurse an den Terminmärkten für Strom und Gas setzen die Talfahrt fort, ungeachtet des frühen Winterbeginns und der Konfliktlage im Nahen Osten bzw. Roten Meer. Strom und Gas zur Lieferung im Jahr 2025 fallen auf den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren.

Strombörse: DE Base 2025 fällt bis auf 95,51 €/MWh

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Preisentwicklung Strom Phelix Base und Peak für das Jahr 2024 (Quelle: EEX)

Einer Kältewelle zum Trotz setzt sich der Abwärtstrend für Strom zur Lieferung im KJ 2025 in den ersten Dezembertagen fort. An den Märkten herrscht nun die Einschätzung vor, dass Europa sehr gut mit Erdgas versorgt in den Winter geht und auch die zu erwartenden Kältephasen an der komfortablen Lage wenig ändern werden. Am ersten Handelstag kostet DE Base 2025 noch 104,47 €/MWh. An diesem Tag prognostizieren die Meteorologen einen Wetterumschwung noch vor Erreichen der Monatsmitte, der zu einem deutlichen Anstieg der Temperaturen führen wird. Die Notierung fällt auf ein vorläufiges Tief von 96,71 €/MWh am 5. Dezember. Am darauffolgenden Tag veröffentlicht der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine neue saisonale Prognose für die Wintermonate. Für die nördliche Hälfte Deutschlands drohen im Januar sowie Februar nun unterdurchschnittliche Temperaturen im Monatsmittel. Zuvor hatte der DWD noch anomal hohe Werte prognostiziert. DE Base 2025 steigt bis auf 99,30 €/MWh am 7. Dezember. Diese Aufwärtsbewegung ist allerdings von nur kurzer Dauer. Schließlich sind die saisonalen Vorhersagen mit großer Unsicherheit behaftet und gegenwärtig beträgt der Gasspeicherstand in Deutschland noch immer mehr als 90 % und zugleich geht der Gasverbrauch steil zurück. So fällt DE Base 2025 bis zum 15. Dezember auf das Monatsminimum von 91,54 €/MWh und damit auf den niedrigsten Stand seit Ende Januar 2022.

Zum vorläufigen Ende der Abwärtsbewegung trägt die Nachrichtenlage aus dem Nahen Osten bei. Angesichts der Angriffe durch die jemenitischen Huthi auf Frachtschiffe im Roten Meer beginnen LNG-Tanker ex USA den Suezkanal weiträumig über das Kap der Guten Hoffnung zu umfahren. Die Wirkung jener Ereignisse auf die hiesigen Gas-, mithin Strompreise bleibt allerdings geringfügig, eine Störung der LNG-Versorgung Europas wird nicht befürchtet. Gravierender ist die Rallye am EUA-Markt, die kurz vor den Weihnachtsfeiertagen einsetzt und DE Base 2025 bis auf 100,76 €/MWh ansteigen lässt. Zum Jahresende setzt sich jedoch am Gasmarkt die Abwärtsbewegung fort. Im Zuge dessen gibt DE Base 2025 nach und beendet das Jahr mit 95,51 €/MWh.

Im Monatsmittel kostet die Notierung 96,39 €/MWh und damit 12,1 % weniger als noch im Vormonat. Für die Kalenderjahre 2026 und 2027 verbilligen sich die entsprechenden Terminkontrakte um 10,0 % bzw. 5,6 %.

Am Spotmarkt kostet Strom (DE Base Day Ahead) im Monat Dezember im Mittel 68,52 €/MWh. Das vergleichsweise niedrige Preisniveau ist insbesondere dem außerordentlich hohen Windaufkommen in der zweiten Monatshälfte und der geringeren Nachfrage während der Urlaubszeit zu verdanken. Der Anteil der Erneuerbaren an der inländischen Stromerzeugung beträgt im Gesamtmonat 60,0 %.

Gasbörse: THE 2025 im Monatsmittel 13,7 % tiefer

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Preisentwicklung Erdgas THE für das Jahr 2024 (Quelle: EEX)

An den europäischen Gasmärkten geht es im Dezember weiter abwärts. Der deutsche Terminkontrakt THE 2025 startet mit 43,32 €/MWh in den Monat; dieser Wert markiert zugleich das Monatsmaximum. Mit der Aussicht auf mildere Temperaturen fällt die Notierung zunächst bis auf 40,15 €/MWh am 5. Dezember. Am darauffolgenden Tag folgen bullishe Nachrichten: Der Deutsche Wetterdienst sieht nun insbesondere für den Norden Deutschlands eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für anomal niedrige Temperaturen in den Monaten Januar und Februar. Und in den USA teilt der Energiekonzern Exxon mit, dass sich die Inbetriebnahme des neuen LNG-Terminals ‚Golden Pass‘ verspäten und erst im Jahr 2025 erste Mengen exportieren wird. Damit dürfte das US-amerikanische LNG-Angebot im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr weitgehend konstant bleiben. THE 2025 steigt auf rund 41 €/MWh.

Nichtsdestotrotz geht es anschließend wieder talwärts. THE 2025 fällt nahezu durchgehend bis zum 19. Dezember auf 36,83 €/MWh. Das ist der niedrigste Stand seit März 2022. Schließlich lassen hohe Gasvorräte in Europa von rund 90 % und eine noch immer schwache Gasnachfrage erwarten, dass der Kontinent gut durch den Winter kommt. Zumal die jüngsten Mittelfristprognosen des ECMWF bis in das neue Jahr hinein Temperaturen in Aussicht stellen, die im Wochenmittel bis zu 3 ℃ über dem langjährigen Durchschnitt liegen.

Kurz vor Weihnachten machen abermals schlechte Nachrichten die Runde. Die Konfliktlage im Roten Meer sorgt nun für Einschränkungen beim Transport von LNG. Erste Tanker nehmen den Umweg über das Kap der Guten Hoffnung, anstatt der deutlich kürzeren Route durch den Suezkanal. Die Exporte Katars nach Europa scheinen jedoch noch nicht unmittelbar durch die Huthi-Attacken gefährdet. Am 21. Dezember erklärt zudem der russische LNG-Konzern Novatek sogenanntes ‚Force Majeur‘ auch gegenüber europäischen Kunden für Lieferungen aus der neuen Anlage ‚Arctic LNG 2‘, die zu Beginn des Jahres 2024 den Regelbetrieb hätte aufnehmen sollen. Hintergrund sind offenbar neue Sanktionen der USA, die es dem Betreiber erschweren, erforderliche Komponenten sowie eine ausreichende Anzahl LNG-Tanker zu beschaffen. Am Gasmarkt geht es aufwärts, nicht zuletzt unterstützt durch die sogenannte ‚Feiertagsrallye‘ am Markt für EU-Emissionsrechte. THE 2025 steigt bis auf 38,13 €/MWh am 27. Dezember. Doch am letzten Handelstag des Jahres schickt sich die Notierung an, auf den alten Trendpfad zurückzukehren mit einem Schlusskurs von 35,68 €/MWh.

Im Monatsmittel verbilligt sich THE 2025 im Dezember um 13,7 % gegenüber dem Vormonat. THE 2026 und THE 2027 geben um 8,7 % bzw. 4,0 % nach.

Aktuelle Lage: Abwärtstrend hält im neuen Jahr an

Mitten im Winter fallen die Kurse sowohl am europäischen Gasmarkt (TTF) als auch am globalen LNG-Markt (Quelle: ISPEX-Kompass)

Zu Beginn des neuen Jahres setzt sich die Abwärtsbewegung bei Strom und Gas fort, wenn auch weniger stark als noch in den Wochen vor den Feiertagen. Zuletzt fällt der Kurs für das Strom-Frontjahr DE Base 2025 unter die Marke von 85 €/MWh und am Gasmarkt unterschreitet THE 2025 die Unterstützung bei 35 €/MWh.

Dabei bestehen durchaus erhebliche Risiken, insbesondere im Nahen Osten. Betroffen sind mittlerweile auch LNG-Lieferungen ex Katar gen Europa. Erste Schiffe meiden das Rote Meer – deren Fracht wird nun mit ca. 10 Tagen Verspätung eintreffen. Zugleich sprechen die aktuellen Mittelfristprognosen der Meteorologen für eine zweite Januarhälfte mit milden Temperaturen. Damit bestehen unserer Ansicht nach gute Chancen, dass Deutschland wie schon im Vorjahr den Winter mit einem Gasspeicherstand von mehr als 60 % beenden wird.

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