Energiemarkt-Kommentar: Auf Kurssturz folgt Rallye

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Der Winter in Deutschland endet in diesem Jahr schon im Februar mit Temperaturen auf April-Niveau. In der Konsequenz verbleibt viel Erdgas in den Speichern und die Strompreise fallen im Monatsverlauf auf neue Tiefstände. Zum Monatsende führen Nachrichten, die eine Verknappung des Angebots bei Gas und Kohle befürchten lassen, zu einer Rallye im Energiekomplex.

Strombörse: DE Base 2025 fällt unter 70 €/MWh

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Preisentwicklung Strom Phelix Base und Peak für das Jahr 2024 (Quelle: EEX)

Von Mitte Januar bis Anfang Februar befinden sich die Strom-Terminkurse in einem weitgehend stabilen Seitwärtslauf. DE Base 2025 pendelt in dieser Zeit grob um die Marke von 80 €/MWh. Doch ab dem 7. Februar beginnt die Notierung einzubrechen. So fällt DE Base 2025 bis zum 23. Februar auf das neue Rekordtief von 68,55 €/MWh. Dabei trifft der Kurs lediglich bei den Marken von ca. 72 €/MWh sowie 69 €/MWh kurzzeitig auf Widerstand, ansonsten sind an jedem Handelstag Verluste zu verzeichnen.

Begleitet wird der Kursverfall von Wetterprognosen, deren Gradzahlen von den Meteorologen regelmäßig nach oben korrigiert werden. Statt einer Kältewelle gibt es im Februar einen Anstieg der Temperaturen auf einen neuen Rekord von 6,6 ℃ im Monatsmittel. Dementsprechend leeren sich die Gasspeicher in Deutschland vorwiegend um nur maximal 2 Prozentpunkte pro Woche. Weshalb sich bereits abzeichnet, dass die Heizperiode am 31. März wie schon im Vorjahr mit einem hohen Speicherstand zu Ende gehen wird. Negativ sind im Februar die wirtschaftlichen Aussichten, die gleichfalls kein Anziehen der Energienachfrage erwarten lassen. Am 7. Februar gibt das Statistische Bundesamt bekannt, dass die energieintensive Industrieproduktion im Dezember 2023 erneut gefallen ist – auf ein neues Rekordtief von 79,8 Punkten (2021=100). Auch aus China ist vorerst kein Wachstumsimpuls zu erwarten. Investoren verlieren das Vertrauen in die Wirtschaftspolitik des Landes, weshalb die Aktienkurse weiter einbrechen. Der CSI300 fällt Anfang Februar auf den niedrigsten Stand seit Beginn des Jahres 2019.

Dennoch kommt es hierzulande ab Ende Februar zu einer Rallye am Strommarkt: DE Base 2025 steigt bis auf maximal 75,89 €/MWh am 28. Februar. Der Auslöser für den Preisanstieg ist zunächst technischer Natur. Das niedrige Preisniveau im Energiekomplex ist attraktiv für Käufer – es mangelte nicht an technischen Kaufsignalen. Ein wesentlicher Faktor ist zudem die Rallye am Markt für Steinkohle, nachdem chinesische Importeure aufgrund neuer US-Sanktionen ihre Einkäufe in Russland laut Agenturberichten herunterfahren, was vermeintlich eine Verknappung des verbleibenden globalen Angebots zur Folge haben könne. Darüber hinaus haben mehrere Gasproduzenten in den USA mitgeteilt, ihre Fördermengen im laufenden Jahr stark senken zu wollen.

DE Base 2025 beendet den Februar mit 74,54 €/MWh und kostet im Monatsmittel 73,96 €/MWh – ein Rückgang um 13,0 % gegenüber dem Vormonat. Die Notierungen DE Base 2026 sowie DE Base 2027 geben durchschnittlich jeweils um ca. 15,6 % nach. Am Spotmarkt kostet DE Base Day Ahead im Februar 61,34 €/MWh. Auch hier machen sich die fallenden Gas- sowie EUA-Preise bemerkbar. Der Anteil der Erneuerbaren an der inländischen Nettostromerzeugung steigt auf 63,1 %. Allein die Windkraft repräsentiert 43,2 %.

Gasbörse: THE 2025 fällt bis auf 28 €/MWh

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Preisentwicklung Erdgas THE für das Jahr 2024 (Quelle: EEX)

Ende Januar hatten Prognosen für kühleres Wetter den Gaskurs für das kommende Jahr, THE 2025, noch einmal über die Marke von 34 €/MWh getrieben. Doch im Februar setzt eine Talfahrt ein – die Notierung fällt unterbrechungsfrei bis auf 29,15 €/MWh am 14. Februar. Zwei Tage zuvor vermeldet die russische Tageszeitung Kommersant, dass das neue LNG-Projekt Arctic LNG 2 auf absehbare Zeit kaum Mengen wird exportieren können, da US-Sanktionen dazu geführt haben, dass Südkorea spezielle Eisbrecher-Tanker nicht an Russland ausliefert. Entscheidend für die Gasmärkte bleibt allerdings die Entwicklung der Nachfrage. Die ursprünglich für die zweite Februarhälfte prognostizierte Kälte bleibt aus. Parallel mit den fallenden Gaspreisen geht auch die Gasnachfrage zurück und fällt in der KW07 mit 2.814 GWh/Tag im Wochenmittel auf das niedrigste Niveau seit Mitte November (unter Ausschluss der KW52 bzw. der Urlaubszeit). So sind die Gasspeicher Mitte Februar noch immer zu mehr als 70 % befüllt.

THE 2025 zeigt sich zur Monatsmitte zunächst unterstützt bei etwa 29 €/MWh. Doch auch diese Marke fällt und die Notierung erreicht am 23. Februar das neue Rekordtief von 28,13 €/MWh. Dies obwohl zuvor mit Chesapeake ein US-Gasproduzent angekündigt hatte, die Fördermengen in diesem Jahr erheblich drosseln zu wollen, da die USA derzeit überversorgt seien. Damit reagieren die Unternehmen auf das niedrige Preisniveau in den USA. Der Henry Hub-Frontmonat kostet zeitweise nämlich nur noch ca. 5,70 €/MWh.

In Europa scheint der Gasterminmarkt am 23. Februar überverkauft, es kommt in der Folge zu steigenden Kursen. Verstärkt wird der Auftrieb durch einen Short Squeeze: Investoren, die auf weiter fallende Kurse gesetzt hatten, müssen nun zeitnah zukaufen. Bullish wirkt auch die Rallye am Steinkohlemarkt, die durch neue US-Sanktionen gegen russische Exporte ausgelöst wurde. THE 2025 beendet den Monat mit 30,50 €/MWh. Im Monatsmittel kostet die Notierung 30,40 €/MWh und damit 10,9 % weniger als noch im Vormonat. THE 2026 sowie THE 2027 geben um 7,1 % bzw. 2,8 % nach.

Aktuelle Lage: Auf Rallye folgt Korrektur

Deutsche Industrieproduktion 2019 - 2024

Deutsche Industrieproduktion – Energieintensive Industrie mit neuem Rekordtief im Dezember 2023
(Quelle: ISPEX-Kompass, Destatis)

Der Anstieg der Kurse im Energiekomplex, der Ende Februar seinen Anfang nahm, setzt sich im März zunächst fort. Am 5. März erreicht die Rallye ihren Höhepunkt mit DE Base 2025 bei 79,87 €/MWh und THE 2025 bei 31,81 €/MWh. Als Verstärker wirkt die Diskussion in der EU um ein vorzeitiges Ende der russischen Gasimporte inklusive LNG. Hinzu kommt ein ungeplanter Ausfall einer Gasaufbereitungsanlage in Norwegen, der allerdings zügig behoben werden kann. Angesichts der weiterhin schwachen Gasnachfrage in Europa und des mauen Ausblicks für die Wirtschaft sowohl hierzulande als auch in Fernost erscheinen die jüngsten Preissteigerungen überzogen. Die Strom- und Gaskurse geben zuletzt wieder deutlich nach.

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Die Analyse der genannten Energiepreise wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und dient lediglich zu Informationszwecken. Die ISPEX AG und/oder der Autor übernehmen weder das Risiko einer Investitionsentscheidung, die auf obiger Analyse basiert, noch Verantwortung für eventuell daraus entstehende Verluste oder Kosten. Diese trägt der Investor alleine.

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