Stromkosten werden für Unternehmen zur immer größeren Belastung

2016 steigt die EEG-Umlage auf ein neues Rekordhoch. Im Schatten dieser Entwicklung ziehen die übrigen gesetzlichen Umlagen und Abgaben nahezu unbemerkt nach und belasten besonders die Letztverbraucher mit einem jährlichen Stromverbrauch bis 1.000.000 kWh. Angesichts der ebenfalls steigenden Netznutzungsentgelte entwickeln sich die betrieblichen Stromkosten zunehmend zu einer Herausforderung und werden zur Managemententscheidung.

Entwicklung der gesetzlichen Umlagen und Abgaben

Die EEG-Umlage steigt zum 01.01.2016 von derzeit 6,170 ct/kWh um 0,184 Cent auf 6,354 ct/kWh und erfüllt damit die Spekulationen um deren Entwicklung (Energiemarkt-Kommentar 2015-10). In Summe ergibt sich für Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von bis zu 1.000.000 Kilowattstunden aus der Änderung der gesetzlichen Abgaben und Umlagen jedoch eine Mehrbelastung in Höhe von 0,601 ct/kWh. Besonders die Erhöhungen des (indikativen) KWK-Aufschlags und der § 19-Umlage für individuelle Netzentgelte begegnen dem Delta bei der Ökostromumlage auf Augenhöhe, blieben bisher allerdings weitgehend unkommentiert. Durch die Anpassung der Letztverbrauchergruppen bei diesen beiden Umlagen steigt die Komplexität zusätzlich für Unternehmen mit Verbräuchen an den bisherigen Schwellengrenzen.

 

Strompreisbestandteile_2016
Letztverbrauchergruppe A´ (A)

Strommengen von Letztverbrauchern für die jeweils ersten 1.000.000 kWh (A: 100.000 kWh) je Abnahmestelle.

Letztverbrauchergruppe B‘ (B)

Letztverbraucher, deren Jahresverbrauch an einer Abnahmestelle 1.000.000 kWh (B: 100.000 kWh) übersteigt, zahlen zusätzlich für über 1.000.000 kWh (B: 100.000 kWh) hinausgehende Strombezüge.

Letztverbrauchergruppe C‘ (C)

Letztverbraucher, die dem produzierenden Gewerbe (UdPG), dem schienengebundenen Verkehr oder der Eisenbahninfrastruktur zuzuordnen sind, deren Jahresverbrauch an einer Abnahmestelle 1.000.000 kWh (C: 100.000 kWh) übersteigt und deren Stromkosten im vorangegangenen Kalenderjahr 4 Prozent des Umsatzes überstiegen (= stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes).

 

Die indikativen KWK-Aufschläge sind vom Inkrafttreten des novellierten KWKG zum 01.01.2016 abhängig, doch selbst die als „fall back“-Option veröffentlichten Aufschläge nach KWKG 2012 (Prognose der Übertragungsnetzbetreiber) zeigen eine deutliche Mehrbelastung. Besonders in der Letztverbrauchergruppe A‘ steigt der KWK-Aufschlag deutlich um 0,191 Cent, für die Letztverbrauchergruppen B‘ und C‘ ergeben sich nur minimale Änderungen (LV B‘: -0,011 ct/kWh, LV C‘: +0,005 ct/kWh). Die Erhöhung betrifft nicht mehr nur die ersten 100.000 Kilowattstunden, sondern gilt nach Anpassung der Letztverbraucherkategorien für die erste Gigawattstunde Strom.

Auch bei der §19-Umlage für individuelle Netzentgelte gibt es 2016 Änderungen bei der Letztverbrauchergruppe A‘ hinsichtlich Höhe und Schwellen. Die Rückabwicklung der Umlage für 2012 und 2013 wird Ende 2015 abgeschlossen, so dass die vor 2012 gültigen Letztverbraucherbelastungsgrenzen A, A+ und A++ zur Letztverbrauchergruppe A‘ zusammengefasst werden. Je nachdem, welcher Gruppe der Letztverbraucher bisher zugeordnet wurde, steigt die §19-Umlage somit um 0,151 Cent (LV A+/A++) bzw. 0,141 Cent (LV A) auf 0,378 ct/kWh. Ohne Änderungen bleibt die Umlage für Letztverbraucher der Gruppen B‘ und C‘.

Ebenfalls eine stärkere Belastung für Letztverbraucher der Kategorie A‘ ergibt sich aus der Offshore-Haftungsumlage nach §17f EnWG. Nachdem die Unternehmen 2015 in Form einer Rückvergütung von der Überleistung in 2014 entlastet wurden, steigt die Umlage ab 01.01.2016 auf 0,040 ct/kWh und damit um 0,091 Cent im Vergleich zum Vorjahr. Nachdem die Übertragungsnetzbetreiber zunächst indikative Werte im Vorgriff auf das KWKG 2016 veröffentlicht hatten, findet nun doch das derzeit gültige KWKG 2012 Anwendung (Mitteilung der Übertragungsnetzbetreiber).

Da die Verordnung zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) nur bis 31.12.2015 gilt und der Gesetzgeber noch keine Neuregelung der AbLaV geschaffen hat, entfällt die Umlage für abschaltbare Lasten 2016. Über eine Verlängerung bis 31.12.2018 wird allerdings diskutiert.

Entwicklung der Netznutzungsentgelte

Mit einem Anteil von knapp 20 Prozent an den betrieblichen Stromkosten stellen die Netznutzungsentgelte neben der EEG-Umlage den größten Kostentreiber für Unternehmen dar. Abhängig von Sitz und Verbrauch fällt der Anstieg der Netzentgelte unterschiedlich aus.

Während kleine Unternehmen mit geringem Stromverbrauch von leichten Steigerungen von rund 2,3 Prozent betroffen sind, werden größere Industriebetriebe zum Teil mit über 8 Prozent höheren Netzentgelten belastet. Besonders in der Mittelspannungsebene werden zum 01.01.2016 deutliche Preiserhöhungen durchgesetzt. Für eine Lieferstelle mit Leistungsmessung und einem Verbrauch von 400.000 Kilowattstunden ergibt sich eine durchschnittliche Netzentgeltsteigerung von rund 8,8 Prozent.

Was tun gegen steigende Stromkosten?

Die Berechnung unter Berücksichtigung der neuen Abgaben, Umlagen und Netznutzungsentgelte ergab: Die Kosten für die erste Gigawattstunde Strom steigen 2016 um 7.917 EUR, für jede weitere Gigawattstunde um 1.430 EUR.

Im Gegensatz zu Sonderregelungen für Privilegierte Stromverbraucher gibt es gerade für Unternehmen mit einem Stromverbrauch unter 1.000.000 kWh nur eine Möglichkeit, die drohende Belastung durch steigende Stromkosten abzuwenden. Durch den Abschluss neuer Lieferverträge, die bessere Konditionen für den reinen Energiepreis bieten, können die Steigerungen zumindest teilweise kompensiert werden. Welche Preise für Strombelieferung derzeit über Online-Auktionen und Ausschreibungen realisierbar sind, berichtet der jeweils monatliche Energiemarkt-Kommentar.

  Entwicklung der Strompreisbestandteile 2015-2016 Gesetzliche-Strompreisbestandteile-im-Vergleich-2015-20161.pdf (Dateigröße 313 KB)

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