Preisanpassungsrecht bei Gasmangellage überarbeitet

Der Bundestag hat mehrere Gesetzesänderungen durch das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (EKBG) umgesetzt. Dadurch ergeben sich unter anderem Anpassungen bei der Weitergabe von Mehrkosten im Falle von wegbrechenden Gasimporten.

Das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (EKBG) wurde am 8. Juli 2022 in der vom Ausschuss für Klimaschutz und Energie geänderten Fassung angenommen (BT-Drs. 20/2356, BT-Drs. 20/2594). Das zustimmungspflichtige Gesetz passierte am 9. Juli den Bundesrat und kann nach Verkündung in Kraft treten. Zusätzlich zur Überarbeitung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) novellierte der Bundestag das Energiesicherungsgesetz (EnSiG).

Preisanpassungsrecht bei Lieferausfällen

Im Mai wurde das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) bereits durch den § 24 mit einem Preisanpassungsrecht für Energieversorgungsunternehmen im Falle von Lieferausfällen ergänzt. Nun wurde die erste Anpassung vollzogen. Zusätzlich stellte der Gesetzgeber in diesem Zuge neue Regelungen zur „Erleichterungen zur Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen“ nach § 29 EnSiG (n.F.) sowie zu einer „Saldierten Preisanpassung“ nach § 26 EnSiG (n.F.) zur Seite.

Das Preisanpassungsrecht nach § 24 EnSiG erlaubt weiterhin, entlang der Lieferkette die Gaspreise gegenüber den Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen, wenn eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland vorliegt. Als angemessen gelten im Sinne dieses Preisanpassungsrechtes die Mehrkosten der Ersatzbeschaffung für das dem Kunden zu liefernde Gas. Während der Anwendung des § 24 EnSiG sind gesonderte Bedingungen bei der Preisanpassung abweichend von den vereinbarten Vertragskonditionen anzuwenden. Beispielsweise sind vertragliche Preisanpassungsrechte ausgesetzt (§ 24 Abs. 3) und der Kunde kann zweimonatlich eine Überprüfung und ggf. Anpassung auf den vertraglichen Preis verlangen (§ 24 Abs. 4 EnSiG n.F.). Der neu hinzugekommene Absatz 2 des § 24 präzisiert, dass das Anpassungsrecht nicht durch vertragliche Regelungen ausgeschlossen werden kann. Die BNetzA führt ein Monitoring der Preisanpassungen gemäß § 25 EnSiG durch, übt jedoch kein Genehmigungsrecht o.dgl. aus.

Ein mögliches Inkrafttreten des Preisanpassungsrechts setzt voraus, dass die Alarm- oder Notfallstufe des Notfallplans Gas ausgerufen wurde. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) muss darüber hinaus eigens die Feststellung treffen, dass eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland eingetreten ist und das Preisanpassungsrecht scharf zieht. Im Unterschied zu dem bisherigen Prozedere ist die Prüfung der neu eingeführten Optionen nach §§ 29 und 26 EnSIG dem vorangestellt.

Erst Lieferantenstabilisierung

Bevor das Preisanpassungsrecht bei Ausfällen von Gasimporten aktiviert wird, sollen vorrangig einzelne Unternehmen der kritischen Infrastruktur im Energiesektor über Maßnahmen auf Grundlage des § 29 EnSiG stabilisiert werden. Auf Antrag und unter der Entscheidungsbefugnis des BMWK mit Einvernehmen des BMF und BKAmt können Maßnahmen auf Grundlage des Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (WStBG) unter den Maßgaben des § 29 EnSiG angewendet werden.

Allgemeine Umlage per Verordnung

Die EnSiG-Novelle schafft mit § 26 eine Verordnungsermächtigung, die einen auf alle Kunden umgelegten Finanzierungsmechanismus der Ersatzbeschaffung ermöglicht. Dazu kann die Bundesregierung mittels zu erlassender Verordnung an die Stelle des Preisanpassungsrechts nach § 24 einen „durch eine saldierte Preisanpassung finanzierten finanziellen Ausgleich“ setzen. Die Verordnung kann bereits dann erlassen werden, wenn eine erhebliche Reduzierung der Gasimportmengen nach Deutschland unmittelbar bevorsteht. Die Feststellung einer solchen Lage durch die BNetzA ist hierzu nicht zwingend. Die Verordnung ist nicht zustimmungspflichtig durch den Bundesrat und muss 72 Stunden vor Verkündung dem Bundestag mitgeteilt werden. Der Bundestag verfügt ab Mitteilung zwei Monate lang über ein Vetorecht.

Das EnSiG gibt einige Verordnungsinhalte bereits vor. Unter anderen zielt der Mechanismus auf eine Stützung der betroffenen Gasimporteure. Über die Bilanzkreisverantwortlichen sollen die Kosten weiterbelastet werden. In der ausgestaltenden Verordnung sind beispielsweise die Berechnung der Höhe der saldierten Preisanpassung, die Abschlagszahlungen, die Ausgleichsperiode, die Endabrechnung, die Rückerstattung und die Führung eines saldierten Preisanpassungskontos zu regeln.

Damit wird der Mechanismus voraussichtlich einer weiteren (befristeten) Umlage ähneln, etwa der neuen Gasspeicherumlage nach § 35e EnWG. Eine baldige „Umlageverordnung“ könnte das Preisanpassungsrecht vorerst gegenstandlos machen, da dieses während der Geltung nicht ausgeübt werden darf.

Alle Maßnahmen sollen die gefürchteten Kaskadeneffekte durch die Schieflage von Lieferanten in der Gaslieferkette unterbinden. Die Belieferung soll so lange wie möglich aufrechterhalten werden.

 
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